Ein immer wiederkehrendes Thema in der Beschwerdebearbeitung ist die Aufzeichnung von Telefongesprächen bei Handel und Dienstleistung. Fast schon regelmäßig geht es dabei um die Qualitätssicherung der geführten Telefonate, und oftmals wird den anrufenden Personen dann keine Alternative zu einer Gesprächsaufzeichnung geboten, das heißt, es erfolgt ein bloßer Hinweis zu Beginn des Telefonats, ohne dass eine Möglichkeit des Abwählens der Gesprächsaufzeichnung besteht. Wollen oder müssen die anrufenden Personen das Telefonat führen, etwa, weil es auf eine zeitnahe Sachverhaltsklärung ankommt, müssen sie dann hinnehmen, dass das Telefonat aufgezeichnet wird. Festzustellen ist zunächst, dass eine solche Gesprächsaufzeichnung keinesfalls auf Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DatenschutzGrundverordnung (DSGVO) gestützt werden kann. Dagegen spricht zum einen, dass eine Gesprächsaufzeichnung schon nicht erforderlich ist, denn die Qualitätssicherung des Telefonats kann auch durch andere Möglichkeiten erreicht werden kann, zum Beispiel durch eine freiwillige Beantwortung von Fragen mit „Ja“ und „Nein“ im Anschluss an das Gespräch.
Darüber hinaus stehen aber auch gewichtige Interessen der anrufenden Personen einer Aufzeichnung entgegen, denn hier geht es um die Gewährleistung der Vertraulichkeit des nicht öffentlich gesprochenen Wortes. Die Datenschutzkonferenz hat dazu schon 2018 einen Beschluss gefasst. Danach ist die Aufzeichnung von Telefongesprächen in aller Regel nur mit Einwilligung der anrufenden Person zulässig. Eine datenschutzrechtlich wirksame Einwilligung im Sinne von Art. 4 Nr. 11 DSGVO setzt voraus, dass die anrufende Person vor Beginn der beabsichtigten Aufzeichnung gefragt wird, ob sie mit der Aufzeichnung einverstanden ist und, falls sie einverstanden ist, gebeten wird, ihr Einverständnis beispielsweise durch Aussprechen eines „Ja“ oder durch eine aktive bestätigende Handlung (etwa durch das Betätigen einer Telefontaste) eindeutig zum Ausdruck zu bringen. Die bloße Einräumung einer Widerspruchsmöglichkeit und das anschließende Fortsetzen des Telefonats stellen keine datenschutzrechtlich wirksame Einwilligung im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung dar.
Da der Verantwortliche nachweisen können muss, dass die betroffene Person eine wirksame Einwilligung erteilt hat (Art. 7 Abs. 1 DSGVO), muss er auch nachweisen können, dass die Einwilligung „in informierter Weise“ abgegeben worden ist (vgl. Art. 4 Nr. 11 DSGVO). Die Datenschutzaufsichtsbehörden halten auch weiterhin an diesem Beschluss fest und schließen insbesondere eine konkludente Einwilligung (Weitertelefonieren ohne bestätigende Handlung) als Rechtsgrundlage für die Gesprächsaufzeichnung aus. So spricht auch der Erwägungsgrund 32 zur Datenschutz-Grundverordnung von einer „eindeutig bestätigenden Handlung“. Diese muss der Verantwortliche auch nachweisen können (Art. 5 Abs. 2 DSGVO). Diese Auffassung wird weiterhin gestützt durch die Leitlinien 05/2020 des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) zur Einwilligung gemäß Verordnung 2016/679, Version 1.1, angenommen am 4. Mai 2020. Darin wird unter den Randnummern 75 bis 77 und 95 ausgeführt, dass ein bloßes Weiternutzen nicht als Einwilligung ausreicht, sondern es sich vielmehr um eine eindeutig bestätigende Handlung handeln muss. Demnach muss eine Einwilligung stets durch eine aktive Handlung oder Erklärung erteilt werden. Es muss offensichtlich sein, dass die betroffene Person in diese bestimmte Verarbeitung eingewilligt hat. Eine Widerspruchslösung, die – wie vorgetragen wurde – darin besteht, dass man die Telefonaufzeichnung zwar abwählen kann, aber gerade dies eine aktive Handlung, zum Beispiel das laute Sagen eines „Nein“, erfordert, wird diesen Vorgaben nicht gerecht. Nicht die Ablehnung ist durch eine aktive Handlung zu erklären, sondern die Einwilligung. Dies widerspräche auch den Vorgaben des Art. 25 DSGVO – Datenschutz durch Technikgestaltung und datenschutzfreundliche Voreinstellungen, zudem gingen dann undeutliches Sprechen, fehlerhafte Antwortinterpretationen, Überhören oder Nichtverstehen der entsprechenden Ansage regelmäßig zulasten der anrufenden Person. Selbst wenn man im Übrigen – verlässliche Rechtsprechung hierzu liegt noch nicht vor – konkludente Einwilligungen als zulässig anerkennen würde, wäre die Freiwilligkeit der Einwilligung infrage zu stellen. Die Freiwilligkeit wäre nur gewährleistet, wenn eine adäquate Alternative vorhanden wäre. Diese ist jedoch dann zu verneinen, wenn am Anfang des Telefonats auf den schriftlichen Weg oder eine E-Mail verwiesen wird. Beide Optionen stellen im Vergleich zu einem Telefonat deutlich langsamere Kommunikationswege dar und sind damit keine angemessene Alternative.
Was ist zu tun? Vor der Aufzeichnung von Telefongesprächen ist regelmäßig die Einwilligung der anrufenden Person einzuholen; ein bloßer Hinweis auf die Aufzeichnung genügt insoweit nicht.
Quelle: SDTB
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