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05.02.2024

Werbung und Adresshandel

Die Datenschutzbehörde haben mehrere Beschwerden gegen zwei Gewinnspielveranstalter erreicht. In einem Fall war den Gewinnspielteilnehmern nicht transparent, dass ihre Daten über das Gewinnspiel hinaus zu Werbezwecken verarbeitet werden. Im anderen Fall konnte nicht nachgewiesen werden, dass neben der Gewinnspielteilnahme eine Einwilligung für Werbeanrufe Dritter erteilt worden ist.

Die Anmeldung zum Gewinnspiel erfolgte in einem Fall telefonisch, im anderen Fall über eine Webseite. In dem Fall, in dem die Anmeldung telefonisch erfolgte, wurden die Adressangaben der Interessenten, die an Verlosungen zu einer sogenannten Sofortrente teilnahmen, ohne ihr Wissen und Wollen durch den Veranstalter anderen Firmen zu Werbezwecken verfügbar gemacht.

In dem Fall, in dem die Anmeldung zum Gewinnspiel auf der Webseite des Gewinnspielveranstalters erfolgte, konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Beschwerdeführer das Formular zur Gewinnspielteilnahme versandt und die Einwilligung für Werbeanrufe Dritter abgegeben haben. Der Nachweis hätte durch die Vorlage entsprechender Servereinträge erfolgen müssen. Die Servereinträge hat der Gewinnspielveranstalter im Vorfeld ohne nachvollziehbaren Grund gelöscht.

Adresshändler und Lettershop-Verfahren

Gewinnspiele sind eine weitverbreitete Bezugsquelle von Adresshändlern, die Daten von potenziellen Werbeadressaten aus unterschiedlichen Quellen sammeln, auswerten und zu granularen und damit aussagenkräftigen Interessenprofilen zusammenführen, um sie für zielgruppengerechte Werbekampagnen anderer Unternehmen zu vermarkten.

Die Zusammenarbeit zwischen Adresshändlern und Unternehmen, deren Waren und Dienstleistungen beworben werden sollen, erfolgt häufig arbeitsteilig. Soweit es um Briefwerbung geht, ist das sogenannte Lettershop-Verfahren noch weit verbreitet. Beim Lettershop-Verfahren arbeiten grundsätzlich drei Unternehmen zusammen: Das werbende Unternehmen, dessen Leistungen im Werbebrief angepriesen werden, der Adresshändler und der Lettershop. Der Lettershop ist dasjenige Unternehmen, das die Werbebriefe personalisiert, druckt und dem Versanddienstleister zum Versand übergibt. Das Werbematerial erhält der Lettershop vom werbenden Unternehmen. Den Datensatz desjenigen, dessen Interessenprofil gut zur beworbenen Leistung passt, erhält der Lettershop dagegen vom Adresshändler. Der Adresshändler übermittelt diejenigen Datensätze, die im Vorfeld nach den vom werbenden Unternehmen vorgegebenen Kriterien selektiert worden sind. Diese Art der Zusammenarbeit führt insgesamt dazu, dass das werbende Unternehmen von den beworbenen Personen keine Kenntnis erhält. Im Werbebrief wird als Kontakt- und Anlaufstelle häufig der Adresshändler genannt, demgegenüber die Werbeadressaten ihre Betroffenenrechte geltend machen können.

Die Betroffenen erhalten so unerwünschte Werbebriefe von verschiedensten Unternehmen. Die in der Regel unauffällig platzierten Hinweise auf die Möglichkeit, einen Werbewiderspruch nach Art. 21 DSGVO beim Adresshändler zu erheben, werden von den Betroffenen häufig nicht bemerkt.

Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit und Rechtmäßigkeit

Zieht man zur Beurteilung der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit die Kriterien des Europäischen Datenschutzausschusses heran und berücksichtigt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit, spricht vieles für die Annahme einer gemeinsamen datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit zwischen Adresshändler und werbenden Unternehmen. Das werbende Unternehmen und der Adresshändler sind an der Festlegung der Zwecke und Mittel gemeinsam beteiligt. Sie haben gleichermaßen entscheidenden Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Selektion und Bewerbung von potenziellen Neukunden. Die Selektion und Ansprache der Werbeadressaten erfolgen auf der Grundlage konvergierender Entscheidungen des werbenden Unternehmens sowie des Adresshändlers und dienen gemeinsamen wirtschaftlichen Zwecken: Gewinn von Neukunden für das werbende Unternehmen und Verbesserung der Qualität der Leistungen des Adresshändlers. Letzteres ergibt sich daraus, dass der Adresshändler als im Werbebrief genannter Ansprechpartner für die Werbeadressaten das „Ob“ und „Wie“ der Reaktionen der Werbeadressaten für seine Interessenprofile nutzen und deren Aussagekraft dadurch erhöhen kann, was sich wiederum positiv auf die Qualität der Datensätze und Leistungen des Adresshändlers auswirkt.

Die Datenschutzaufsicht sieht ohne die vorherige Einholung einer Einwilligung derzeit keine Rechtsgrundlage für diese Praxis, für die die Adresshändler und werbenden Unternehmen ein überwiegendes berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO anführen.


Gegen die Legitimation aufgrund eines überwiegenden berechtigten Interesses spricht, dass weder der Adresshändler noch das werbende Unternehmen in einer vertraglichen Beziehung zu den Betroffenen steht, und es sich mit Blick auf die Bildung von granularen Interessenprofilen um Datenverarbeitungen mit erheblicher Eingriffstiefe handelt. Die bisher geübte Praxis, die Werbeadressaten z. B. auf den Gewinnlosen lediglich zu informieren, erscheint deshalb unzureichend.


Das Geschäftsmodell der Adresshändler muss umgehend und umfassend kritisch neu bewertet werden. Sowohl mit Blick auf die datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeiten der beteiligten Akteure im Lettershop-Verfahren als auch und vor allem in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitungen. Um Wettbewerbsnachteile einzelner Unternehmen zu vermeiden, die aus bundesweit unterschiedlich strengen Anforderungen der Aufsichtsbehörden resultieren könnten, bemüht sich das LfD darum, eine bundesweit einheitliche Rechtsauffassung herbeizuführen.

Quelle: LfD Niedersachsen

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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