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12.06.2024

Wächtermodus

Wächtermodus geht auch anders

Der Einsatz von Video-Parkwächtern hat die Datenschutzbehörde beschäftigt. Es handelt sich hier um im Fahrzeug fest verbaute Kameras, die dazu eingesetzt werden, die Fahrzeugumgebung zu filmen. Die Kameradaten können algorithmisch ausgewertet werden mit dem Ziel, Situationen zu erkennen, die eine Gefahr für das abgestellte Fahrzeug darstellen. In solchen Situationen werden sodann Aufzeichnungen der Fahrzeugumgebung angefertigt, die beispielsweise dazu dienen sollen, im Falle einer Sachbeschädigung Beweismaterial zur Verfügung zu haben. Die Kehrseite der Medaille besteht jedoch aus datenschutzrechtlicher Sicht darin, dass bei einer permanenten Erfassung der Umgebung zur Detektion von Gefahrsituationen personenbezogene Daten von Passant_innen verarbeitet werden, die ihrerseits keinerlei Anlass für eine Beobachtung gegeben haben. Dies stellt einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Recht jedes Menschen dar, sich grundsätzlich unbeobachtet im öffentlichen Raum bewegen zu können. Intensiviert wird der Eingriff in Fällen, in denen eine Speicherung von Aufnahmen schon allein deswegen ausgelöst wird, weil sich Personen dem Fahrzeug aus einer bestimmten Richtung nähern, d. h. der Algorithmus eine Gefahrsituation errechnet, die tatsächlich gar nicht besteht.

Ein prominentes Beispiel für einen Video-Parkwächter ist der Sentry-Mode (Wächtermodus) des kalifornischen Automobilherstellers Tesla. Die in Europa für die Unternehmensgruppe zuständige niederländische Aufsichtsbehörde hat zwischenzeitlich in Bezug auf den Sentry-Mode darüber informiert, dass Tesla im Rahmen einer Untersuchung Veränderungen am Sentry-Mode vorgenommen habe, die den Fahrer_innen eine datenschutzkonformere Nutzung ermöglichten. Beispielsweise werde der Sentry-Mode nur dann aktiviert, wenn das Fahrzeug berührt werde, und nicht schon dann, wenn die Kameras eine verdächtige Aktivität in der Fahrzeugumgebundetektieren würden. Darüber hinaus begännen die Kameras nicht automatisch mit dem Filmen, sondern der Eigentümer oder die Eigentümerin erhalte zunächst einen Warnhinweis auf seinem Mobiltelefon. Das Fahrzeug könne immer noch Kameraaufnahmen anfertigen, allerdings nur dann, wenn der
Nutzende diese Funktion aktiviere. Wenn die Kamera aufzeichne, werde eine entsprechende Nachricht auf dem Touchscreen im Fahrzeuginneren eingeblendet und die Scheinwerfer würden aufleuchten. Dadurch würden Menschen darüber informiert, dass das Fahrzeug sie möglicherweise aufzeichne. Darüber hinaus werde in der Standardeinstellung nur die letzte Minute der Aufzeichnungen gespeichert, der Eigentümer auf bis zu zehn Minuten erhöhen könne. Letztlich würden die Aufnahmen ausschließlich im Fahrzeug gespeichert werden, wie es bereits bisher der Fall gewesen sei, und könnten nicht mit Tesla geteilt werden.

Da die Nutzer_innen des Tesla Sentry-Mode bei einem im öffentlichen Straßenraum abgestellten Fahrzeug zumindest auch Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO sind, müssen sie weiterhin sorgfältig prüfen, ob die Nutzung der Kamerafunktion im Einzelfall im Hinblick auf die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO zulässig ist, wenn nicht die Voraussetzungen einer anderen Rechtsgrundlage, wie z. B. einer Einwilligung, vorliegen. Nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO ist eine Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Ein solches berechtigtes Interesse kann zum Beispiel unter Umständen dann angenommen werden, wenn tatsächlich eine Gefahr für das Fahrzeug droht. Der Nutzer oder die Nutzerin muss diese Gefahrenlage zudem aufgrund der Rechenschaftspflicht gemäß Art. 5 Abs. 2 DSGVO nachweisen können.

Nach bisherigen Kenntnisstand kann nicht davon ausgegangen werden, dass es dafür in jedem Fall ausreicht, dass der Nutzer oder die Nutzerin einen Warnhinweis auf dem eigenen Mobiltelefon erhält. Daneben müssen auch die weiteren datenschutzrechtlichen Anforderungen der DSGVO an Verantwortliche, wie z. B. Sicherheit der Verarbeitung, die Informationspflichten und die Betroffenenrechte, erfüllt werden. Im Falle eines Verstoßes gegen die DSGVO müssen Verantwortliche mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen rechnen.

Auch wenn die Änderungen am Sentry-Mode durch Tesla zu begrüßen sind, ist es nicht ausgeschlossen, dass Nutzer_innen diesen in einer Weise einsetzen, die datenschutzrechtlich nicht zulässig ist. Sie haben es aber in der Hand, beim Einsatz der Technik zu differenzieren und sind gegebenenfalls weiterhin zumindest auch Verantwortliche im Sinne der DSGVO.

Quelle: LfDI BW

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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