Videoüberwachung in Nahversorgungs- und Automatenläden
Eine Videoüberwachung in Ladenlokalen muss auch dann, wenn diese (nahezu) personallos geführt werden, den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchstabe f) DS-GVO genügen.
Ländliche Nahversorgungsläden, bei denen die entnommenen Produkte mittels Geldeinlage in eine Kasse bzw. Box erfolgt, sowie Automatenshops, die rund um die Uhr geöffnet sind (24/7) kommen größtenteils ohne Personal aus. Um aber insbesondere Beweismaterial für den Fall von Vandalismus oder Diebstählen zur Verfügung zu haben, betreiben einige Verantwortliche eine Videoüberwachungsanlage. Es erreichten die Datenschutzbehörden uns mehrere Anfragen zu den datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen einer entsprechenden Videoüberwachung.
Als Rechtsgrundlage für die Überwachung von Kunden, Begleitpersonen und Lieferanten, sowie ggf. miterfasstem Personal (z. B. beim Einräumen der Regale/Automaten) kommt Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchstabe f) DS-GVO in Betracht, wonach eine Datenverarbeitung dann zulässig ist, wenn diese zur Wahrung eines berechtigten Interesses des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und die Interessen, Grundrechte oder Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen.
Der Verantwortliche muss somit zunächst ein konkretes eigenes berechtigtes Interesse haben oder ein entsprechendes Dritt-Interesse an der Videoüberwachung vorweisen können. Ein solches kann angenommen werden, wenn eine konkrete Gefahrenlage vorliegt, die über ein allgemeines Lebensrisiko bzw. Geschäftsrisiko hinausgeht. Wird beispielsweise das Ziel verfolgt, Vandalismusvorfälle oder Diebstähle „auf Band“ zu haben, um dies dann, wenn ein entsprechender Fall eintritt, den Ermittlungsbehörden zu übergeben, so müsste die erhöhte Gefahrenlage konkret begründbar und uns gegenüber nachweisbar sein. Dies könnte z. B. mit Vorfällen in der Vergangenheit bzw. Vorfällen in anderen, ähnlichen Konstellationen, in besonders gefahrengeneigten Bereichen (z. B. Partymeile, wenn ein erhöhtes Risiko von Vandalismus besteht) erfolgen. Auf Grundlage der Tatsachenbasis ist eine Prognoseentscheidung zu fällen, inwieweit (künftig) eine erhöhte Gefahrenlage gegeben ist.
Kann ein berechtigtes Interesse hiernach bejaht werden, muss die Datenverarbeitung mittels Videoüberwachungsanlage zudem erforderlich sein. Dies bedeutet, dass die Videoüberwachung geeignet sein muss, um dem Interesse zu dienen und es keine gleich geeigneten, aber mildere Maßnahmen geben darf. Hierbei ist nicht nur die Frage danach zu stellen, ob eine Videoüberwachung insgesamt erforderlich ist, sondern auch, in welchem Umfang eine solche erforderlich ist. Dies betrifft insbesondere die Frage nach den Erfassungsbereichen, die Überwachungszeiten und die Speicherdauer. Erfasst werden dürfen nur die Bereiche, in denen die entsprechenden Vorfälle, die aufgezeichnet werden sollen, geschehen können. Zeitlich ist die Videoüberwachung auf die Zeiträume einzugrenzen, in denen tatsächlich eine erhöhte Gefahrenlage besteht, d. h. beispielsweise. an Wochenenden, während der Nachtstunden o. ä. Grundsätzlich wird dann, wenn eine Dokumentation zu Beweiszwecken bezweckt werden soll, alleine eine Aufzeichnung und nicht zugleich eine Live-Überwachung ausreichend sein. Die Videoaufzeichnungen sind dann, wenn keine Vorfälle stattfanden, zeitnah zu löschen. Üblicherweise wird eine Speicherdauer von 72 h als ausreichend erachtet. Soweit Auszüge an die Ermittlungsbehörden weitergegeben werden sollen, können diese ggf. länger aufbewahrt werden, soweit dies erforderlich ist.
Zuletzt dürfen die Rechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen. In diese Interessenabwägung sind insbesondere der Anlass und die Umstände der Verarbeitung und die Folgen der Verarbeitung, sowie die Erwartungshaltung betroffener Personen einzustellen und den berechtigten Interessen des Verantwortlichen (oder eines Dritten) gegenüber zu stellen.
Im Ergebnis wurde die Videoüberwachung der Ladenlokale in den behandelten Vorgängen als zulässig bewertet.
Dabei treffen den Verantwortlichen Informationspflichten gem. Art. 13 DS-GVO. Der Verantwortliche muss also die betroffenen Personen jedenfalls mit einem sogenannten vorgelagerten Hinweisschild auf die Videoüberwachung hinweisen und die wichtigsten Informationen bereitstellen. Daneben muss zugleich darauf hingewiesen werden, wo diese abgerufen werden können (z. B. Homepage).
Quelle: Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht
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