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13.07.2020

Videoüberwachung in Großbäckereien

Videoüberwachung wird bei Großbäckereien sowohl in den Produktionsstätten, in Filialen als auch an den Verwaltungsstandorten eingesetzt. Dabei werden sehr unterschiedliche Zwecke verfolgt. Betroffen von der Videoüberwachung sind hauptsächlich die Beschäftigten. In einigen Fällen könnte der verfolgte Zweck auch erreicht werden, ohne die Beschäftigten einer Videoüberwachung auszusetzen.

Zu den Aufgaben der Datenschutz-Aufsichtsbehörden gehört es auch, Untersuchungen über die Anwendung der DSGVO durchzuführen (Art. 57 Abs. 1 Buchstabe h DSGVO).

Vor dem Hintergrund einer Reihe von Eingaben in den letzten Jahren aus diesem Umfeld hat sich die Aufsichtsbehörde veranlasst gesehen, den Einsatz von Videoüberwachung in Großbäckereien zu überprüfen.

In der zweiten Hälfte des Jahres 2019 wurden daher stichprobenartig sieben Großbäckereien daraufhin überprüft, ob sie Videoüberwachungsanlagen betreiben. Stellten wir dies fest, haben wir die Videoüberwachung im jeweiligen Unternehmen auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorschriften der DSGVO überprüft. Dazu gehörten auch Vor-Ort-Kontrollen in den Verwaltungen der Großbäckereien sowie in Bäckerei-Filialen. Die Kontrollen vor Ort erfolgten zum Teil ohne vorherige Ankündigung.

Soweit Videoüberwachung eingesetzt wurde, hat sich unsere Prüfung auf folgende Bereiche erstreckt:

  • Videoüberwachung in den Filialen
  • Videoüberwachung am Verwaltungsstandort
  • Videoüberwachung in den Produktionsstätten

Videoüberwachung in den Filialen

Insbesondere bei der Prüfung von Filialen wurde das Augenmerk auf die Beschäftigten gelegt. Filialen waren teilweise mit mehreren Kameras ausgestattet. In einigen Fällen waren die Erfassungsbereiche der jeweiligen Kameras so eingestellt, dass eine nahezu komplette Übersicht über den Arbeitsplatz möglich war. Eine Videoüberwachung der Verkaufstheke und des Bereichs dahinter greift besonderes stark in die Rechte und Freiheiten der Verkäuferinnen und Verkäufer ein, da diese sich fast während ihrer gesamten Arbeitszeit in diesem kleinen Bereich aufhalten. Teilweise waren auch Räume videoüberwacht, die sich an den Verkaufsbereich anschließen, wie etwa Lagerräume. Allerdings halten sich in den geprüften Filialen die Beschäftigten hier in der Regel nur kurz auf.

Die Zwecke, die mit einer Videoüberwachung in Bäckerei-Filialen verfolgt wurden, waren zum Beispiel:

  • Abschreckung gegen Einbruch oder Überfälle
  • Wahrnehmung des Hausrechts
  • Optimierung der Warenpräsentation

Zwar wurde in keinem Fall als Zweck die Überwachung der Beschäftigten angegeben; trotzdem sind diese davon betroffen.


Eine gezielte Videoüberwachung von Beschäftigten ist nach den Regelungen des Beschäftigtendatenschutzes grundsätzlich unzulässig und unverzüglich einzustellen.


Sofern der Zweck der Videoüberwachung nicht die Überwachung der Beschäftigten ist, beurteilt sich die Zulässigkeit in der Regel nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe f DSGVO. Nach dieser Vorschrift ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, und sofern nicht die Interessen, die Grundrechte oder die Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.

Es ist also in jedem Einzelfall festzustellen, ob für die Wahrung der von dem verantwortlichen Unternehmen ins Feld geführten Zwecke eine Videoüberwachung in dem vorgefundenen Umfang erforderlich ist. Bei der Interessenabwägung ist ferner zu prüfen, ob die Interessen des verantwortlichen Unternehmens an der Durchführung einer Videoüberwachung so schwer wiegen, dass sie das Interesse der Beschäftigten, an ihrem Arbeitsplatz unbeobachtet zu sein, überwiegen. Als weitere Rechtsgrundlage für eine Datenverarbeitung in Form der Videoüberwachung kommt grundsätzlich auch eine Einwilligung des Betroffenen in Betracht (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a DSGVO).

Eine Einwilligung muss allerdings freiwillig erfolgen. Für die Beurteilung der Freiwilligkeit der Einwilligung sind insbesondere die im Beschäftigtenverhältnis bestehende Abhängigkeit der beschäftigten Person sowie die Umstände, unter denen die Einwilligung erteilt worden ist, zu berücksichtigen. Freiwilligkeit kann insbesondere vorliegen, wenn für die beschäftigte Person ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil erreicht wird oder Arbeitgeber und beschäftigte Person gleichgelagerte Interessen verfolgen (§ 26 Abs. 2 BDSG).

Ein Unternehmen ging davon aus, eine schriftliche Einwilligung der Beschäftigten in die Überwachung ihres Arbeitsplatzes reiche als Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung aus. Dies ist allerdings aus den genannten Gründen grundsätzlich nicht möglich, weil die von den Verkäuferinnen und Verkäufern erteilten Einwilligungen in Anbetracht der Gesamtumstände nicht als freiwillig im Sinne des Datenschutzrechtes anzusehen sind. Arbeitgeber sollten auch bedenken, dass eine Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann.

Neben dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung stellt die DSGVO in Art. 5 Abs. 1 weitere Grundsätze auf, zu deren Einhaltung der Betreiber einer Videoüberwachungsanlage verpflichtet ist.

Beispielsweise wurde mehrmals einen Verstoß gegen den Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 Buchstabe c DSGVO) festgestellt. Danach müssen personenbezogene Daten dem Zweck angemessen, erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein. Daten sind „erheblich“, wenn ihre Verarbeitung geeignet ist, den festgelegten Zweck zu fördern (Vgl. Herbst, in: Kühling/Buchner: Datenschutz-Grundverordnung/BDSG Kommentar, C. H. Beck Verlag, 2. Auflage, München 2018, Art. 5 DSGVO, Rn. 57).

In einem Fall wurden die Videoaufnahmen beanstandet, weil sie diesen Grundsätzen nicht entsprachen; sie waren nämlich lediglich zum Zweck der Optimierung der Warenpräsentation angefertigt worden. Die Kameras waren keineswegs nur auf die Auslage gerichtet, sondern erfassten den gesamten Bereich hinter der Theke bis hin zu einer Wand, an der ebenfalls Ware ausgelegt war. Die Arbeitsplätze der Verkäuferinnen und Verkäufer wurden also komplett erfasst.

Soll festgestellt werden, ob Ware den Anweisungen der Unternehmensleitung entsprechend in der Auslage präsentiert wird, so sind ausschließlich Bilder der Auslage erforderlich. Es ist nicht erforderlich, auch Personen zu erfassen. Das erklärte Ziel kann also ohne eine Verarbeitung personenbezogener Daten (und damit durch eine Datenverarbeitung außerhalb des Anwendungsbereichs der DSGVO) erreicht werden. In allen geprüften Fällen waren die Beschäftigten in Bäckerei-Filialen zwar auf den Umstand der Videoüberwachung hingewiesen worden. Allerdings hatten die Beschäftigten nicht immer die Informationen erhalten, die nach Art. 13 Abs. 1 DSGVO mitzuteilen sind. So war Beschäftigten teilweise nicht bekannt, wer Einsicht in die Videoaufnahmen hat, die an ihrem Arbeitsplatz entstehen bzw. wer Zugriff auf das Bildmaterial hat.

Videoüberwachung am Verwaltungsstandort

Die meisten Unternehmen, die geprüft wurden, betrieben Videoüberwachungsanlagen auch an ihren Verwaltungsstandorten. Zweck war die Aufklärung von Einbrüchen, Diebstählen sowie Sachbeschädigungen. Verstöße gegen die DSGVO haben wir in diesem Bereich insbesondere bei den Hinweis- und Informationspflichten festgestellt.

In einem Unternehmen wurde zwar durch Piktogramme unübersehbar auf den Umstand der Videoüberwachung hingewiesen. Allerdings entsprachen die Informationsschilder nicht den Anforderungen des Art. 13 DSGVO. Zum Beispiel war der Datenschutzbeauftragte mit seinen Kontaktdaten nicht genannt. Vielmehr war eine andere Stelle des Verantwortlichen angegeben. Von dieser Stelle wären Anfragen, nach einer Vorprüfung, an den Datenschutzbeauftragten weitergeleitet worden. Damit wurde nicht nur gegen den Grundsatz der Transparenz (Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a DSGVO) sowie gegen Art. 13 Abs. 1 DSGVO, der die Pflichtangaben enthält, verstoßen. Wir haben hierin auch einen Verstoß gegen Art. 38 Abs. 4 DSGVO gesehen. Nach dieser Vorschrift können betroffene Personen den Datenschutzbeauftragten zu allen mit der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten und zu mit der Wahrnehmung ihrer Rechte gemäß der DSGVO im Zusammenhang stehenden Fragen zu Rate ziehen. Es ist sicherzustellen, dass der Datenschutzbeauftragte für die betroffenen Personen direkt erreichbar ist. An ihn adressierte Post muss zum Beispiel ungeöffnet an ihn weitergeleitet werden oder E-Mails nur vom Datenschutzbeauftragten oder seinen hiermit beauftragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelesen werden können. (Vgl. Bergt, in: Kühling/Buchner: Datenschutz-Grundverordnung/BDSG Kommentar, C. H. Beck Verlag, 2. Auflage, München 2018, Art. 38, Rn. 35.) Unter anderem hierauf wurde das verantwortliche Unternehmen hingewiesen. Außerdem wurde auf das Muster zur Erfüllung der Hinweis- und Informationspflichten aufmerksam gemacht, das die Datenschutzkonferenz (DSK) beschlossen hat und unter folgendem Link www.ldi.nrw.de abrufbar ist.

Videoüberwachung in den Produktionsstätten

In Produktionsstätten wurde mehrmals auf Videoüberwachungsanlagen an sog. Hygieneschleusen gestoßen. Lebensmittelverarbeitende Unternehmen sind gesetzlich zur Einhaltung bestimmter Hygienestandards verpflichtet. Deshalb sind am Eingang zum Produktionsbereich zum Beispiel Hygieneschleusen eingerichtet. Bei diesen handelt es sich um Stationen, an denen vor dem Passieren eines Drehkreuzes insbesondere die Hände zu waschen sind und Schuhsohlen automatisch gereinigt werden. Diese Hygieneschleusen werden mit Videokameras überwacht. Bei einem Vorfall, zum Beispiel einer Reklamation wegen Verunreinigungen der Backware, soll festgestellt werden können, wer unbefugt den Produktionsbereich betreten oder wer die Hygienevorschriften nicht beachtet hat. In den geprüften Unternehmen erfolgte kein Monitoring. Zwar wurden die Hygieneschleusen fortlaufend gefilmt. Die Bilder wurden aber nicht in Echtzeit auf einen Monitor übertragen und somit das Geschehen an der Hygieneschleuse nicht permanent beobachtet. Auch wenn eine Echtzeitübertragung technisch möglich war, wurden die Aufnahmen nur von einem beschränkten Personenkreis eingesehen, wenn ein Vorfall gemeldet wurde (Black-Box-Verfahren).

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Videoüberwachung war zu berücksichtigen, dass die Einhaltung von Hygienestandards ein gewichtiges Interesse des Unternehmens ist. Demgegenüber steht das Interesse der Beschäftigten, nicht einer Videoüberwachung am Arbeitsplatz ausgesetzt zu sein. Allerdings beschränkt sich der Erfassungsbereich der Kameras ausschließlich auf die Hygieneschleusen. Das Black-Box-Verfahren bedeutet einen geringeren Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Betroffenen als das Monitoring. Zudem werden Beschäftigte sich nur kurz, nämlich für den Reinigungsvorgang, im Erfassungsbereich der Kameras aufhalten. Die Aufsichtsbehörde hat in diesem Fall die Erforderlichkeit der Videoüberwachung und ein überwiegendes Interesse des Unternehmens bejaht.

In allen Bereichen wurde bei Vor-OrtKontrollen auf Kameras gestoßen, mit denen die Überwachung von wertvollen Gegenständen oder Gebäudeteilen bezweckt war. Einige dieser Kameras konnten ihren Zweck nur zeitweise erfüllen. Sie waren an Stellen montiert, die einen großen Erfassungsbereich ermöglichten. Der Erfassungsbereich war derart groß, dass – unbeabsichtigt und unnötigerweise – auch identifizierbare Personen, in der Regel Beschäftigte, aufgenommen wurden. Außerdem wurden regelmäßig Objekte zwischen Kamera und zu überwachendem Gegenstand platziert, zum Beispiel im Außenbereich ein Lkw oder im Innenbereich ein Regalwagen. So war die Sicht auf den überwachten Gegenstand zeitweise versperrt. Der Zweck der Videoüberwachung wurde hier verfehlt. Wir haben dazu geraten, die Kameras so zu platzieren, dass es gar nicht zu Videoaufnahmen von Personen kommt. Gleichzeitig könnte der Zweck der Videoüberwachung auf diese Weise auch besser erfüllt werden.

In den geprüften Fällen haben die Unternehmen in der Folge der Prüfung und Beratung die Verfahren für die Zukunft datenschutzkonform umgestaltet. In Einzelfällen wurden wegen festgestellter Verstöße nach Art. 58 Abs. 2 Buchstabe b DSGVO Verwarnungen ausgesprochen.


Mitarbeiter werden nur selten ordnungsgemäß über die Videoüberwachung informiert. Videoüberwachung, die zur Einhaltung von Hygienevorschriften eingesetzt wird, lässt sich in der Regel mit dem Datenschutzrecht in Einklang bringen. Oftmals wird der Grundsatz der Datenminimierung nicht beachtet. Dadurch kommt es zu Videoaufnahmen von identifizierbaren Personen. Diese Aufnahmen sind oft überflüssig. Das verfolgte Ziel lässt sich in diesen Fällen ohne die Verarbeitung personenbezogener Daten erreichen, sodass die DSGVO nicht zur Anwendung kommt.


Quelle: LDI NRW

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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