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15.03.2020

Videoüberwachung in Fitnessclubs

Aus dem Tätigkeitsbericht des des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit.

Im Berichtszeitraum haben uns wieder mehrere Beschwerden zur Videoüberwachung in Fitness- und Wellnessclubs erreicht.

Im Wesentlichen richteten sich diese Beschwerden gegen die zumindest teilweise Videoüberwachung der Gemeinschaftsumkleideräume.

Wir haben diese Beschwerden zum Anlass genommen, die Videoüberwachung in den Anlagen zweier unterschiedlicher Betreiberinnen zu kontrollieren. Bei unserer Kontrolle stellten wir fest, dass beide Betreiberinnen eine reine Aufzeichnungslösung für die Überwachung der Umkleideräume gewählt haben. Eine dauerhafte Beobachtung am Monitor findet nicht statt.

Aufgrund der Gestaltung der Umkleidebereiche in den kontrollierten Anlagen führt die Videoüberwachung der Spinde/Schränke auch immer zu einer Überwachung der nackten oder nur teilweise bekleideten Mitglieder und Gäste, die sich direkt vor den Schränken umziehen und die Ablageflächen vor den Schränken nutzen.

Im Ergebnis halten wir die Videoüberwachung der Umkleideräume nicht für erforderlich und mit Blick auf die Schutzwürdigkeit der erhobenen und gespeicherten Bilddaten auch nicht für verhältnismäßig. Die schutzwürdigen Interessen der von Videoüberwachung im Spind- und Umkleidebereich betroffenen Mitglieder und Gäste können nur dann zurückstehen, wenn der Schutz überragender Rechtsgüter eine Aufzeichnung dieser Bilder erfordert. Ein solches höherwertiges Interesse an der Videoüberwachung ist allein mit dem Schutz des Eigentums an den Spinden/Schränken oder der Gewährleistung einer guten Reputation nicht zu begründen.

Dass keine dauerhafte Beobachtung stattfindet und nur bei Hinweisen auf konkrete Vorfälle Einsicht in die Bilder genommen wird, ändert nichts an der Eingriffsintensität, die durch die Speicherung der Videobilder gegeben ist. Diese ist aufgrund der Missbrauchsmöglichkeiten bei gespeicherten Nacktbildern hoch. Ferner ist der Grundsatz zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts umso niedriger sind, je schwerer der eintretende Schaden wäre. Der Schaden für das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen wäre bei der Verbreitung von Nacktaufnahmen gerade in Zeiten des Internet denkbar hoch. Weiterhin ist auf die zur Videoüberwachung ergangene Rechtsprechung abzustellen.

Das AG Hamburg hat zur Überwachung von Sitzbereichen in einem Kaffeehaus festgestellt, dass die Persönlichkeitsrechte der sich in den Sitzbereichen länger aufhaltenden Kunden durch eine ständige Videoüberwachung erheblich beeinträchtigt werden und diese Rechtsverletzungen schwerer wiegen als die Interessen des Kaffeehausinhabers an einer effektiven Strafverfolgung in seinen Filialen (AG Hamburg, Urt. v. 22.April 2008 – 4 C 134/08). Wenn jedoch eine ebenfalls dem Freizeitbereich zuzuordnende Aktivität, wie der Besuch eines Cafés, schon über- 206 VIDEOÜBERWACHUNG 25. Tätigkeitsbericht Datenschutz 2014/2015 – HmbBfDI überwachungsfrei sein soll, so muss dies erst recht für Umkleidebereiche von Schwimmbädern sowie Fitness- und Wellnessanlagen gelten, in denen Menschen nicht nur miteinander kommunizieren, sondern sich sogar entkleiden. Dieser Bewertung steht auch nicht entgegen, dass wir in der Vergangenheit eine Video- überwachung von Teilbereichen der Umkleideräume in Fitness- und Wellnessanlagen für zulässig erachtet haben (vgl. 21.TB, 19.3). Nach dieser Bewertung im Jahre 2007 sind verschiedene Änderungen eingetreten: Das o.g. Urteil des AG Hamburg erging erst nach unserer ersten Einschätzung zur Zulässigkeit der Videoüberwachung in Gemeinschaftsumkleidebereichen.

Da in einem Rechtsstaat jedoch die Gerichte abschließend über die Auslegung des anwendbaren Rechts entscheiden, ist dieser Auslegung zu folgen. Ferner gab es seit 2007 kontinuierlich Eingaben/Bürgerbeschwerden zu der in den Umkleideräumen vorgenommenen Videoüberwachung. Unsere Entscheidung, eine abgrenzbare Videoüberwachung der Umkleidebereiche als zulässig zu erachten, sofern es ausreichend und als solche gekennzeichnete überwachungsfreie Umkleidemöglichkeiten für Besucherinnen und Besucher gibt, führte nicht zu einer Verringerung des Beschwerdeaufkommens. Dies ist ein deutlicher Anhaltspunkt für das Überwiegen der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen in diesen Bereichen, den wir bei der notwendigen Interessenabwägung berücksichtigen müssen.

Wir haben die Betreiberinnen daher aufgefordert, die Videoüberwachung der Umkleideräume während der Geschäftszeiten einzustellen. Ein Unternehmen hat als Reaktion hierauf schon mitgeteilt, die Videokameras in den Umkleideräumen sämtlicher Anlagen bis Mitte 2016 zu demontieren. Wir werden über den weiteren Verlauf dieser Kontrollverfahren berichten.

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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