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20.06.2020

Videoüberwachung in Arztpraxen

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 27. März 2019 (Az. 6 C 2/18) über die Anforderungen an eine zulässige Videoüberwachung in Arztpraxen entschieden.

Das Urteil beruhte zwar auf der Rechtslage vor Inkrafttreten der DSGVO und berücksichtigte somit noch nicht die besonderen Regelungen des Art. 9 DSGVO bei der Verarbeitung von Gesundheitsdaten. Dennoch enthält die Entscheidung wichtige Vorgaben für die Frage, wann eine Videoüberwachung in Arztpraxen zulässig ist und ist somit auch für die heutige Rechtslage von Bedeutung.


Allein das Anbringen von Hinweisschildern kann die Videoüberwachung nicht legitimieren. Als Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung kommt eine Einwilligung der betroffenen Besucher der Praxis in Betracht. Voraussetzung für das Vorliegen einer rechtswirksamen Einwilligung ist aber, dass diese auf einer freien Entscheidung der betroffenen Personen beruht, und dass die Einwilligung durch eine eindeutige bestätigende Handlung erfolgt. Dem wird durch das bloße Anbringen von Hinweisschildern allerdings nicht genügend Rechnung getragen.


Die Aufnahme von Personen mittels Videoüberwachung beim Aufenthalt in einer Arztpraxis stellt nach der bisherigen wie nach der neuen Rechtslage die Verarbeitung von Gesundheitsdaten dar. So lassen sich zum Beispiel allein anhand der Tatsache, dass ein bestimmter Arzt aufgesucht wird, Rückschlüsse auf eine mögliche Krankheit der Person ziehen. Zudem sind manche Krankheiten so offensichtlich, dass sie einem Patienten quasi „ins Gesicht geschrieben stehen“. Ebenso ist es unerheblich, wenn unter der Mehrzahl der Besucher der Praxis auch solche sind, die selber keine Patienten sind, sondern die Praxis aus anderen Gründen aufsuchen. Denn es reicht schon aus, dass nur eine Person von den Besuchern aus gesundheitlichen Gründen die Praxis aufsucht, um die Videoüberwachung rechtlich insgesamt als Erhebung von Gesundheitsdaten zu bewerten. Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten ist ohne Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO grundsätzlich unzulässig. Häufig geben Ärzte und Ärztinnen an, sich vor möglichen Straftaten schützen zu wollen, da die Videoüberwachung eine abschreckende Funktion besitzt. Dies stellt jedoch nach der neuen Rechtslage keinen zulässigen Ausnahmetatbestand nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO dar. Daher kommt in Praxisräumen eine Videoüberwachung nur restriktiv und nur in Einzelfällen in direktem Zusammenhang mit Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge bzw. konkreten gesundheitlichen Behandlungen in Betracht. Denkbar wäre zum Beispiel eine Videoüberwachung eines abgetrennten Raumes oder Teilbereichs zur Beobachtung von Patienten mit besonderen Risiken. Dabei ist jedoch ein strenger Maßstab an die Erforderlichkeit der Videoüberwachung anzulegen. Zu prüfen wäre demnach vorrangig, ob das Wohl der Patienten nicht durch andere Maßnahmen sichergestellt werden kann, beispielsweise durch eine Überwachung durch medizinisches Personal oder einen Notrufschalter.


Die Überwachung von öffentlich zugänglichen Bereichen in Arztpraxen ist in der Regel ohne das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung unzulässig. Ärztinnen und Ärzte sind gut beraten, die Voraussetzungen für eine zulässige Videoüberwachung in ihrer Praxis genau zu überprüfen.


Quelle: LDI NRW

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