Die Datenschutzaufsicht hat es mit einer Vielzahl von Fällen zur Videoüberwachung im Einzelhandel und im Gaststättengewerbe zu tun. Dies war schon in den vorherigen Jahren ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit, da Überwachungskameras immer günstiger werden und überall zu haben sind, sich die Betreiber*innen hingegen oftmals nicht über die datenschutzrechtlichen Vorgaben im Klaren sind. Dieses Jahr kam noch hinzu, dass aufgrund der Corona-Pandemie Kleingewerbetreibende stärker als sonst im Fokus der Polizei und der Ordnungsbehörden standen. Im Rahmen von Überprüfungen kontrollierten diese seit Beginn der Pandemie die Einhaltung der Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen in Gewerbeeinheiten im gesamten Stadtgebiet. Dies betraf u.a. gastronomische Einrichtungen, wie Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Shisha-Bars, aber auch andere Kleingewerbe, wie Spätkauf-Läden, Friseurgeschäfte, Nagelstudios, Backshops, Spielcasinos, Sport-Bars und Wettbüros. Für die Tätigkeit der Datenschutzaufsichtsbehörde hatte dies den positiven Nebeneffekt, dass die genannten Behörden bei der Kontrolle der Einhaltung der Corona-Maßnahmen des Öfteren auch einen Verdacht auf illegale Videoüberwachungen feststellten und die Fälle zur weiteren Bearbeitung übermitteln konnten. Da die Datenschutzaufsicht aufgrund der geringen personellen Kapazitäten – anders als Polizei und Ordnungsämter – nicht ständig vor Ort sein können, ist sie auf solche Mithilfe sowie auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.
Oftmals betrafen diese Fälle Videoüberwachungen, die über die Grenzen des eigenen Ladengeschäfts hinaus das öffentliche Straßenland erfassten. Eine solche Überwachung ist nicht zulässig, da den Betreiber*innen regelmäßig das berechtigte Interesse zur Überwachung des öffentlichen Raums fehlt. Ausnahmen bestehen nur in engen Bereichen und lediglich dann, wenn dies im konkreten Fall erforderlich ist, um z. B. Sachbeschädigungen entgegenzuwirken. So hat die Rechtsprechung in einem Fall die Erweiterung des Erfassungsbereichs auf maximal einen Meter über die Grundstücksgrenzen hinaus für zulässig erachtet, da nur so Schmierereien an der Hausfassade eingedämmt werden konnten.
Auch die Überwachung der eigenen Gewerberäume ist an strenge Voraussetzungen geknüpft, da die Videoüberwachung regelmäßig einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der von derartigen Maßnahmen betroffenen Personen darstellt. Insbesondere ist die Erhebung personenbezogener Daten mit Videotechnik nur zulässig, soweit sie u.a. zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und sofern nicht schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen. Die Videoüberwachung eines Geschäftsraums mit regelmäßigem Kundenverkehr ist z. B. zur Prävention oder zur Beweissicherung von Diebstählen nur dann zulässig, wenn objektiv eine Gefahrenlage besteht. Ein Indiz dafür ist z. B., wenn es in der Vergangenheit tatsächlich zu kriminellen Vorfällen in dem Ladengeschäft oder in der Nachbarschaft gekommen ist. Diese Vorfälle sollten anhand von Anzeigen bei der Polizei mit Aktenzeichen dokumentiert werden. Ein rein subjektives Unsicherheitsgefühl oder Angst vor Diebstählen reicht nicht aus. Besteht eine Gefahrenlage nicht, ist die Videoüberwachung abzuschalten. Ebenfalls nicht zulässig ist eine Videoüberwachung zur Verhaltens- und Leistungskontrolle der dort tätigen Angestellten.
Andere Fälle betrafen – bis zu ihrer Corona-bedingten Schließung – Gaststätten, die besonders zu beurteilen sind, da sie zum längeren Verweilen, Entspannen und Kommunizieren gedacht sind. Das dem Freizeitbereich zuzurechnende Verhalten der Gäste einer Gaststätte geht mit einem besonders hohen Schutzbedarf des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen einher. Eine Videoüberwachung stört die unbeeinträchtigte Kommunikation und den unbeobachteten Aufenthalt der Gaststättenbesucher*innen und greift damit besonders intensiv in das Persönlichkeitsrecht der Gäste ein. Ihre schutzwürdigen Interessen überwiegen daher im Normalfall gegenüber dem berechtigten Interesse der Gastronom*innen an einer Überwachung.
In sehr vielen Fällen ging es schließlich um die mangelhafte Umsetzung der Transparenzpflicht. Fehlende oder mangelhafte Hinweise auf die Videoüberwachung sind sogar die häufigsten Verstöße, die im Rahmen der Gewerbekontrollen von Ordnungsämtern und Polizei festgestellt werden. In diesem Zusammenhang wird stets auf ein Beispiel für ein Hinweisschild verwiesen und erklären den Betreiber*innen ausführlich, welche Informationen ihren Gästen, Kund*innen und Beschäftigten mitzuteilen sind.
Aufgrund der guten Erfahrungen haben wurde beschlossen, die Kooperation mit der Polizei in diesem Bereich auszubauen. Gemeinsam mit der Polizei wurde ein Handlungsleitfaden entwickelt, der es Polizeibeamt*innen vor Ort erleichtern soll, eine illegale Videoüberwachung zu erkennen und zu dokumentieren. Es wird sich dadurch eine erhebliche Steigerung der Effizienz in der Zusammenarbeit beider Behörden erhofft.
Die kooperative Unterstützung der Polizei und der Ordnungsämter ermöglicht es eine breitgestreute Überprüfung von Videoüberwachungsanlagen im Kleingewerbe, die zuvor in diesem Umfang nicht geleistet werden konnte. Zur Zulässigkeit von Videoüberwachungsanlagen wurde eine Orientierungshilfe und eine Leitlinie erstellt, die hier heruntergeladen werden kann.
Quelle: BInBDI
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