Videoüberwachung durch Privatpersonen
Zwar sehen sowohl die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als auch das deutsche Verfahrensrecht grundsätzlich eine effiziente und zügige Gestaltung des Beschwerdeverfahrens vor, dies ist jedoch gerade bei den die Videoüberwachungsmaßnahmen betreffenden Verfahren in der Praxis eher Ausnahme denn Regel. Neben der großen Anzahl an diesbezüglichen Beschwerden bedingt oftmals eine fehlende Kooperationsbereitschaft der Kamerabetreiber überlange Verfahrensdauern. Gerade im Bereich der von Privatpersonen im Umfeld selbstgenutzter Grundstücke betriebenen Überwachungsmaß- nahmen ist häufig eine komplette Verweigerung der Zusammenarbeit festzustellen, die mangels effektiver Möglichkeit zur Sachverhaltsaufklärung im nicht-gewerblichen Bereich eine Anordnung der Informationserteilung durch Bescheid nach Art. 58 Abs. 1 lit. a DSGVO und eine Verhängung von Zwangsgeldern im Sinne des § 20 Saarländisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz erforderlich machen.
Da die Beitreibung der Zwangsgelder durch die zuständigen Finanzämter oftmals mehrere Monate in Anspruch nimmt, können mangels belastbarer Informationen zur Ausgestaltung der beschwerdegegenständlichen Überwachung keine weitergehenden aufsichtsbehördlichen Befugnisse ergriffen werden. Vermeintlich verordnungswidrige Überwachungsmaßnahmen werden sodann zum Leidwesen der Beschwerdeführer monatelang perpetuiert.
Unter Berücksichtigung der Reyneš-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und der Leitlinien des Europäischen Datenschutzausschusses sind gerade auch von Privatpersonen betriebene Überwachungsmaßnahmen, die über das selbstgenutzte Grundstück hinausgehen, grundsätzlich nach den Vorgaben des Datenschutzrechts zu beurteilen. Für Beschwerden im nachbarschaftlichen Kontext droht dabei aufgrund zumeist vorausgehender latenter oder offen ausgetragener Konflikte zwischen Beschwerdeführer und Kamerabetreiber die Gefahr einer emotionalen Aufladung des gesamten aufsichtsbehördlichen Verfahrens und einer Marginalisierung des datenschutzspezifischen Gehalts des Anliegens bis hin zur reinen Instrumentalisierung der Aufsichtsbehörde für persönliche Zwecke. Hier gilt es perspektivisch diesem zeit- und ressourcenaufwändigen Beschwerdekomplex durch geeignete Mechanismen zu begegnen.
Bisweilen hochemotional wird es in den Fällen, in denen der Anlagenbetreiber lediglich sein eigenes Grundstück überwacht, der erfasste Bereich jedoch mit einem Geh- und Fahrrecht zugunsten eines Dritten (in der Regel der Nachbar) belastet ist. Überwacht werden dabei Zugangswege, welche dem betroffenen Nachbarn dazu dienen, sein Anwesen zu erreichen. Hintergrund einer solchen Videoüberwachung ist meistens ein schwelender Nachbarschaftsstreit, der unter anderem auf verbale Anfeindungen in der Vergangenheit, zerstörte Pflanzen auf dem Grundstück bis hin zu Lärmbelästigungen beruhen kann.
Einer derartigen Videoüberwachung stehen regelmäßig schutzwürdige Interessen des betroffenen Nachbarn entgegen, da dieser bei jedem Betreten und Verlassen des Anwesens gefilmt wird und somit auch eine Profilbildung ermöglicht wird. Der damit verbundene Eingriff in den Schutz personenbezogener Daten ist deshalb besonders eingriffsintensiv, als hierdurch die Privatsphäre des Überwachten beeinträchtigt wird. Demgegenüber liegen die geltend gemachten Überwachungsinteressen des Anlagenbetreibers bei objektiver Bewertung häufig nicht vor und können folglich den Einsatz der Videoüberwachung in diesen Fällen nicht legitimeren. Allenfalls dann, wenn in dem überwachten Bereich eine hohe Gefährdungslage gegenüber der Aufsichtsbehörde objektiv nachvollziehbar, beispielsweise durch Vorlage gestellter Strafanzeigen, dargelegt werden kann, ist eine Videoüberwachung gegen den Willen des betroffenen Nachbarn überhaupt denkbar. Ansonsten muss es der überwachte Nachbar nicht hinnehmen, in seinem häuslichen Umfeld zum Objekt einer Videoüberwachung gemacht zu werden (so auch Saarländisches OLG, Urteil vom 02.10.2019, Az. 5 U 15/19).
Quelle: LfDI Saarland
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