Videointerviews ohne Aufzeichnung können in Bewerbungsverfahren zulässig sein, sofern sie für den Abschluss eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind oder auf der Basis einer freiwilligen Einwilligung der Bewerber*innen durchgeführt werden.
Im Rahmen einer Beratungsanfrage hat die Datenschutzaufsicht die Zulässigkeit des Videointerviews im Einstellungsverfahren geprüft. Es war vorgesehen, dass Bewerber*innen vor Vereinbarung des Interviewtermins über Alternativen, wie ein Gespräch vor Ort oder ein Telefonat, aufgeklärt werden und Datenschutzhinweise und Informationen zu den technischen Voraussetzungen erhalten. Zudem sollten die Bewerber*innen über den Verwendungszweck der Daten informiert werden. Es sollten auch keine Gesprächsinhalte aufgezeichnet werden. Sollten die Bewerber*innen über keinen Internetanschluss verfügen oder die Durchführung von Videointerviews ablehnen, sollten auch weiterhin andere Alternativen, zum Beispiel persönliche Interviews, zum Einsatz kommen. Es wurde mitgeteilt, dass keine Übermittlung von Gesprächsinhalten und personenbezogenen Daten in die USA stattfinden, da die Daten auf deutschen Servern verarbeitet werden.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist das Verarbeiten von Beschäftigtendaten durch Arbeitgeber*innen zulässig, wenn es für die Entscheidung über die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.
Ein Bewerbungsgespräch ist ein geeignetes Instrument für Arbeitgeber*innen, die richtige Person für die zu besetzende Stelle herauszufinden. Gerade bei einer großen Zahl von Bewerbern*innen war es aufgrund der Pandemie nicht möglich, alle in Betracht kommenden Personen zu einem persönlichen Gespräch einzuladen. Aber auch wenn Bewerber*innen aus weiter Distanz anreisen müssen, kann eine digitale Lösung im beiderseitigen Interesse liegen. Für potentielle Bewerber*innen kann ein Videointerview eine einfache, erste Möglichkeit sein, die schriftlich erfolgte Bewerbung ohne großen Aufwand zu vertiefen. Dies könnte dazu führen, dass mehr Bewerber*innen die Möglichkeit haben, sich persönlich darzustellen und Arbeitgeber*innen dadurch eine qualifiziertere Auswahlentscheidung treffen können.
Die Aufsichtsbehörde betrachtet es daher im Interesse beider Beteiligter als eine datenschutzrechtlich zulässige Lösung, wenn sich Arbeitgeber*innen mittels des Videointerviews einen persönlichen Eindruck von einem*r Bewerber*in verschaffen können und ihre Entscheidung nicht nur anhand von Bewerbungsunterlagen treffen.
Da keine Aufzeichnungen erfolgen, werden auch nicht mehr oder andere Daten erhoben als bei einem persönlichen Gespräch. Arbeitgeber*innen haben hierbei stets zu berücksichtigen, ob Bewerber*innen über die technischen Möglichkeiten für die Teilnahme an einem Videointerview verfügen.
Im Übrigen greift auch immer die Rechtsgrundlage der Einwilligung der Bewerber*innen gemäß § 26 Abs. 2 BDSG, sofern deren strengere Anforderungen vorliegen. Hierbei muss es sich um eine transparente und informierte Einwilligung handeln und es muss eine echte und glaubhafte Alternative angeboten werden, etwa ein herkömmliches Auswahlverfahren durch einen persönlichen Vorstellungstermin. Die Interessenlage zwischen Arbeitgeber*innen und Bewerber*innen sollte gleichgelagert sein und Arbeitgeber*innen sollten eine verbindliche, schriftliche Festlegung darüber treffen, dass bei einer Nichtteilnahme an dem Videointerview keine Nachteile drohen.
Zu beachten ist auch die Perspektive der Mitarbeiter*innen der oder des Verantwortlichen, die bzw. der Videointerviews im Bewerbungsverfahren einsetzen will. Denn auch hier gilt, dass aufgrund des strukturellen Ungleichgewichts zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen zumeist nicht von einer Freiwilligkeit der Einwilligung ausgegangen werden kann. Arbeitgeber*innen sind im Übrigen auch gegenüber ihren Mitarbeitern*innen, die das Videointerview durchführen müssen, für die Datensicherheit verantwortlich.
Eine Information der Mitarbeiter*innen und Bewerber*innen über die Rahmenbedingungen der Videointerviews hielten wir im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 13 DSGVO für notwendig. Insgesamt gesehen bewerteten wir die geplante Durchführung von Videointerviews für Bewerbungen unter den beschrieben Voraussetzungen als datenschutzrechtlich zulässig.
Videointerviews im Einstellungsverfahren können eine datenschutzrechtlich zulässige Alternative darstellen. Wichtig ist, dass keine Aufzeichnungen stattfinden und sowohl die Bewerber*innen als auch die Mitarbeiter*innen, die für das Videointerview zuständig sind, hinreichend gem. Art. 13 DSGVO informiert werden. Der Einsatz von Videointerviews im Einstellungsverfahren lässt sich grundsätzlich auf § 26 Abs.1 S. 1 BDSG stützen. Arbeitgeber*innen haben hierbei stets zu berücksichtigen, ob Bewerber*innen über die technischen Möglichkeiten für die Teilnahme an einem Videointerview verfügen. Alternativ kommt als Rechtsgrundlage auch eine Einwilligung nach § 26 Abs. 2 BDSG in Betracht. Mit Blick auf die Freiwilligkeit sollte bei dieser Variante stets eine Alternative zum Videointerview angeboten werden, zum Beispiel Vorstellungsgespräch, Assessment-Center, psychologischer Test. Empfehlenswert ist, dass das Videointerview in der eigenen Infrastruktur des Unternehmens abläuft.
Quelle: LDI NRW
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