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13.10.2022

Versand von Zeugniskopien

Unverschlüsselter Versand von Zeugniskopien

Schulen waren zu Beginn der Winterferien weiterhin von pandemiebedingten Schulschließungen betroffen. Die Halbjahreszeugnisse sollten deshalb nicht – wie gewohnt – vor, sondern erst nach den Winterferien an die Schüler:innen ausgegeben werden. Die Mitteilung der Bildungsverwaltung, Schüler:innen und Erziehungsberechtigten könne auf Wunsch eine Kopie des Zeugnisses auch per E-Mail übermittelt werden, führte bei einzelnen Schulleitungen angesichts der vertraulichen Inhalte zu datenschutzrechtlicher Unsicherheit.

Datenschutzrechtlich liegt es auf der Hand, dass der unverschlüsselte Versand von Zeugniskopien, die u. a. Noten, Fehlzeiten und Angaben zum Sozialverhalten enthalten, problematisch ist. Die Bildungsverwaltung sah sich offenbar veranlasst, die Schulen in einem weiteren Schreiben darauf hinzuweisen, dass die Übermittlung vorzugsweise Ende-zu-Ende-verschlüsselt und passwortgeschützt erfolgen sollte, führte jedoch dann weiter aus: „Wenn die betroffene Person ausdrücklich um Übermittlung gebeten hat, obwohl diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist auch das zulässig.“ Gleichzeitig unterbreitete sie einen Textvorschlag für eine Einwilligung in den unverschlüsselten Versand per E-Mail.

Abgesehen davon, dass der Textvorschlag als solcher nicht die datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine wirksame Einwilligung erfüllt, hat es doch sehr verwundert, dass die Bildungsverwaltung als Rechtsgrundlage für die Einwilligung § 36 des Berliner Datenschutzgesetzes (BlnDSG) benannt hat. Dies ist eine Vorschrift, die allein für die Datenverarbeitung durch Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden, d. h. insbesondere Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte, anwendbar ist, jedoch keinesfalls für Schulen. Deren Datenverarbeitung richtet sich allein nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Da die Einhaltung angemessener technischer und organisatorischer Maßnahmen von den Verantwortlichen sicherzustellen ist, sieht die Aufsichtsbehörde für eine Übermittlung von Schulzeugnissen auf der Grundlage von Einwilligungen keinen Raum. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (DSK) hat zu dieser Thematik jüngst einen Beschluss gefasst, nach dem die von Verantwortlichen vorzuhaltenden technischen und organisatorischen Maßnahmen auf objektiven Rechtspflichten beruhen, die nicht zur Disposition der Beteiligten stehen. Ein Verzicht auf entsprechende Maßnahmen auf Basis einer Einwilligung wird nicht für zulässig erachtet. Angewendet auf das zwischen Schüler:innen und Schulen bestehende Über-/Unterordnungsverhältnis kommen Einwilligungen im Schulkontext ohnehin kaum in Betracht.

In der Sache wäre in der Situation – wie im Übrigen von der Bildungsverwaltung auch selbst ausgeführt – eine postalische Übermittlung datenschutzrechtlich vorzugswürdig gewesen. Zwar ist der Versand von Zeugnissen im Wege einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden, jedoch sind die wenigsten Schulen derzeit in der Lage, ihre E-Mails entsprechend verschlüsselt zu versenden, geschweige denn haben die meisten Eltern die Möglichkeit zum Empfang Ende-zu-Ende verschlüsselter E-Mails geschaffen.


Die Datenschutzaufsicht hält es für notwendig, dass den Schulleitungen und Lehrkräften Lösungen angeboten werden, die diese in die Lage versetzen, sich rechtssicher verhalten zu können. Die Schaffung einer Möglichkeit zur datenschutzkonformen Kommunikation zwischen Lehrkräften, Eltern und Schüler:innen ist überfällig.

Quelle: Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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