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26.04.2021

Thermokamera im Einzelhandel

Eine Presseanfrage hatte  die Befassung mit der Zulässigkeit eines bei einem Lebensmitteleinzelhändler eingesetzten Kamerasystems mit Temperaturdetektion zur vermeintlichen Erkennung einer SARS-CoV-2-Infektion zur Folge. Das System war als Monitoring ausgestaltet, welches Kunden im Eingangsbereich mittels Kamera erfasste, auf einem Monitor als Live-Bild darstellte und diese Darstellung um eine grafische Angabe der detektierten Temperatur ergänzte. Durch Warnhinweis wurde ein im Eingangsbereich eingesetzter Mitarbeiter des Einzelhändlers beziehungsweise des beauftragten Sicherheitsdienstes darauf aufmerksam gemacht, dass eine Temperatur detektiert wird, die einen festgelegten Referenzbereich verlässt.

In der Presseanfrage wurde dargestellt, dass aufgrund der geltenden zahlenmäßigen Besucherbeschränkung vor dem Markt wartende Kunden einer erheblichen Sonnenstrahlung ausgesetzt waren und somit eine Vielzahl falschpositiver Ergebnisse detektiert wurden. Die Kunden sahen sich dabei gegenüber dem abgestellten Personal des Einzelhändlers in Hör- und Sichtweite der übrigen wartenden Kunden gezwungen, Auskünfte zu ihrem Gesundheitszustand zu geben, um den Markt betreten zu können. Da der Sachverhalt ein erhebliches mediales Echo auslöste, hat der Einzelhändler die Wärmebildkamera unmittelbar nach Einleitung eines Verwaltungsverfahrens durch hiesige Aufsichtsbehörde demontiert.

Ein solcher Thermalkameraeinsatz ließe sich im Hinblick auf die damit verbundene Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Sinne des Art. 4 Nr. 15 i. V. m. Art. 9 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) jedes einzelnen Kunden durch den Betreiber eines Lebensmittelmarktes als essentieller Bereich der Daseinsvorsorge datenschutzrechtlich nicht nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO und Art. 6 Abs. 1 DSGVO legitimieren. Soweit als Zweck der Schutz der Kunden und Mitarbeiter vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 angeführt wird, ist eine derartige Temperaturdetektion zudem angesichts einer Vielzahl prä- oder asymptomatisch infizierter Personen als Schutzmaßnahme nicht geeignet.

Für eine Vielzahl von Personen, deren erhöhte Körpertemperatur (oder sonstige Symptomatik) gerade nicht auf eine SARS- CoV-2-Infektion, sondern auf individuelle körperliche Befindlichkeiten oder chronische Erkrankungen zurückzuführen ist, würde ein derartiges Temperaturscreening zudem bedeuten, entweder mit Mitarbeitern eines Einzelhändlers oder Sicherheitsdienstes Details zum individuellen Gesundheitszustand erörtern zu müssen oder im Hinblick auf die drohende Verweigerung des Zutritts für die Beschaffung von Gütern des täglichen Lebens auf Dritte zurückgreifen zu müssen.

Da eine Temperaturerfassung als Mittel einer Zutrittsbeschränkung nicht nur bei dem genannten Lebensmittelhändler zum Einsatz kam, sondern in zahlreichen Geschäften, Behörden, Arbeitsstätten, Flughäfen etc. als eine wirksame Maßnahme angesehen wird, um den Zutritt zu ihren Betriebsräumen zu regulieren, wurde seitens der Datenschutzkonferenz ein Beschluss zum Einsatz von Wärmebildkameras und elektronischer Temperaturerfassung veröffentlicht.


Fazit/ Empfehlung: Im Einzelhandel ist eine kameragestützte Temperaturdetektion regelmäßig als Maßnahme zur Pandemiebekämpfung nicht geeignet und begegnet datenschutzrechtlichen Bedenken.


Quelle: LfDI Saarland

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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