In Deutschland und teilweise auch im Ausland ist das Volkszählungsurteil von 1983 noch immer einigermaßen bekannt – im Gegensatz zu einem anderen Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität (kurz: IT-Grundrecht) begründet wurde (BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 27.02.2008 – 1 BvR 370/07). Im Vordergrund steht die Frage, unter welchen Bedingungen eine heimliche Infiltration von IT-Systemen erlaubt sein kann.
Der wichtige Punkt ist hierbei: Schon im Jahr 2008 hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, wie wichtig die Gewährleistung von Vertraulichkeit und Integrität in der von uns Menschen eingesetzten Technik ist. In der Zwischenzeit sind die Abhängigkeiten von erwartungsgemäß funktionierender Informationstechnik wesentlich größer geworden. Die heutige enorme Bedeutung von Smartphones oder Plattformen im Internet für die persönliche Kommunikation und für alle möglichen Situationen des täglichen Lebens – man denke nur an die Nutzung zahlreicher Apps – ließ sich damals kaum erahnen. Und dennoch spricht das Urteil eine klare Sprache und ist heute aktueller denn je.
Umso einschneidender sind die Debatten um Hintertüren in Software oder Umgehen von Verschlüsselung. Und es bleibt nicht bei Worten, sondern die Taten sind nicht wegzudiskutieren. Dazu gehören die Erkenntnisse der geheimdienstlichen Überwachung, die dank Edward Snowden im Sommer 2013 bekannt wurden. Oder, wie im Berichtsjahr bekannt wurde, der Einsatz einer Überwachungssoftware namens „Pegasus“, über die Menschen auf der ganzen Welt ausspioniert wurden. Der Hersteller von „Pegasus“, die israelische NSO Group, rechtfertigte sich damit, dass die Software nur zum Zwecke der Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität verkauft würde.
Wirklich? Die Aufklärung durch das „Pegasus-Projekt“, an dem mehr als 80 Journalistinnen und Journalisten in zehn Ländern mitgearbeitet haben, zeigte ein anderes Bild: Demnach gehörten zu den überwachten Personen auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Oppositionelle, Politikerinnen und Politiker, Geschäftsleute und Pressevertreterinnen und -vertreter. Auch in der EU ist die Überwachungssoftware nachweisbar zum Einsatz gekommen.
Die neue Bundesregierung kennt das IT-Grundrecht des Bundesverfassungsgerichts. Im Koalitionsvertrag wird versprochen:
Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass das geltende Recht nicht gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts verstößt! Und das Problem liegt tiefer: Es gibt einen Markt für Überwachung, Firmen bieten weltweit ihre Spyware an und die eingesetzte Informationstechnik ist anfällig für Überwachung im großen Stil. Die Idee, dass Hintertüren eingebaut werden, die nur „für die Guten“ zur Verfügung stehen, hat noch nie funktioniert. Für eine ernsthafte, vertrauenswürdige und zuverlässige Digitalisierung, die unserer demokratischen Gesellschaft Nutzen bringt, brauchen wir ein stabiles und kein brüchiges Fundament in der Informationstechnik.
Was ist zu tun?
Es gilt, die Sicherheit zu erhöhen und insbesondere der Kultivierung von Sicherheitslücken und den Forderungen nach Hintertüren in der IT eine klare Absage zu erteilen. Deutschland sollte dies auch in europäischen und internationalen Rechtsetzungsverfahren und Standardisierungen deutlich vertreten.
Quelle: ULD Schleswig-Holstein
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