Wann darf eine Patientenakte gelöscht werden?
Patienten wenden sich oft an die Datenschutzbehörde, weil sie eine Löschung ihrer Patientenakte erreichen wollen. Ärzte und andere Behandelnde sind nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) allerdings verpflichtet, die Akte für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen (§ 630f Abs. 3 BGB).
Der Fristbeginn knüpft an den Abschluss der Behandlung an. Das gilt auch bei fortdauernden Behandlungen, etwa bei chronischen Erkrankungen. Zudem sehen einige Fachgesetze im medizinischen Bereich deutlich längere Aufbewahrungsfristen vor. So beträgt die gesetzlich vorgesehene Aufbewahrungspflicht nach Röntgenverordnung (§ 28 Abs. 3) oder Transplantationsgesetz (§ 15 Abs. 1) dreißig Jahre. Diese gesetzlichen Aufbewahrungsvorschriften stehen dem Anspruch auf Löschung gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchstabe b DSGVO entgegen.
Auch Personen, die eine Löschung ihrer Daten bei ihrem Gesundheitsamt anstreben, wenden sich an die Datenschutzbehörde. Daten von Personen, die vom Gesundheitsamt untersucht oder von dessen Maßnahmen betroffen werden, werden ebenfalls als Patientendaten bezeichnet (§ 2 Gesundheitsdatenschutzgesetz NRW). Häufig berufen sich die kommunalen Gesundheitsämter hinsichtlich ihrer Aufbewahrungspflicht auf die zehnjährige Aufbewahrungsfrist aus dem BGB (§ 630f Abs. 3 BGB). Untersuchungen beim Gesundheitsamt bzw. beim Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes sind jedoch öffentlich-rechtlicher Natur und begründen daher kein Behandlungsverhältnis im Sinne des § 630a BGB, für das die zehnjährige Aufbewahrungsfrist gilt.
Sofern keine ausdrückliche gesetzliche Aufbewahrungsvorschrift existiert, dürfen öffentliche Stellen personenbezogene Daten daher nur so lange aufbewahren, wie das für ihre eigene Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Bei der Frage der Erforderlichkeit der Aufbewahrung von personenbezogenen Unterlagen ist die Pflicht öffentlicher Stellen zu berücksichtigen, einen Verwaltungsvorgang als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips vollständig und wahrheitsgetreu zu führen. Hierbei ist zu beachten, dass die Verpflichtung zur Aktenführung bei öffentlichen Stellen
- der Funktionsfähigkeit der Verwaltung,
- der rechtsstaatlichen Kontrolle des Verwaltungshandelns auch im Hinblick einer transparenten Verwaltung sowie
- dem Rechtsschutz der jeweiligen Bürger*innen dient.
Die Erforderlichkeit zur Führung von Akten endet damit nicht automatisch nach Abschluss eines Verwaltungsverfahrens, sondern erst dann, wenn feststeht, dass eine weitere Aufbewahrung der Akten für die Dokumentation des Verwaltungshandelns nicht mehr notwendig ist.
Fazit
Der Anspruch auf Löschung einer Patientenakte, die auf Grundlage eines Behandlungsvertrages geführt wird, kann regelmäßig nicht vor Ablauf von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung durchgesetzt werden. Grund sind die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten. Bereichsspezifisch können auch längere Aufbewahrungsfristen gelten. Patientenakten beim Gesundheitsamt unterliegen dagegen anderen Aufbewahrungsfristen. Sofern keine einfach gesetzlichen Vorgaben bestehen, orientiert sich die Aufbewahrungsdauer am Grundsatz der Erforderlichkeit. Die Dauer wird abhängig von ihrer jeweiligen Verwaltungsaufgabe durch die aktenführende Stelle festgelegt.
Quelle: LDI NRW
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