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14.10.2024

Löschung von Abmahnungen

Habe ich einen Anspruch auf die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte nach einer Kündigung?

Datenschutz im Unternehmen: Vermeiden Sie teure DSGVO-Strafen! Erfahren Sie in unserem Blog, wie Sie Abmahnungen rechtssicher aus Personalakten löschen und Auskunftspflichten korrekt umsetzen. So schützen Sie Ihre Firma vor datenschutzrechtlichen Risiken.

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat nicht nur Auswirkungen auf Unternehmen und ihre Kunden, sondern auch auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dies zeigt ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg vom 27. Juli 2023 (9 Sa 73/21), welches wichtige datenschutzrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Abmahnungen und der Auskunftspflicht von Arbeitgebern beleuchtet. Doch was genau bedeutet dieses Urteil für Unternehmen und Arbeitnehmer? Und welche Maßnahmen sind zu ergreifen?

Sachverhalt und rechtliche Analyse
Ein Auszubildender zum Sport- und Gesundheitstrainer sowie Sport- und Fitnesskaufmann erhielt kurz vor Ende seines Ausbildungsverhältnisses eine Abmahnung. Ihm wurde vorgeworfen, sensible Mitgliederdaten auf einem USB-Stick gespeichert zu haben, welcher später von einem Kollegen gefunden wurde. Der ehemalige Azubi bestritt diesen Vorwurf und forderte die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte sowie eine umfassende Auskunft über die von ihm gespeicherten personenbezogenen Daten. Zusätzlich verlangte er Schadensersatz wegen Verstößen gegen die DSGVO.

Das LAG Baden-Württemberg entschied zugunsten des Klägers. Demnach habe ein Arbeitnehmer nach Ende des Arbeitsverhältnisses gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO das Recht, die Löschung einer Abmahnung zu verlangen, da diese für den ursprünglichen Zweck, für den sie gespeichert wurde, nicht mehr erforderlich sei. Eine Abmahnung dient in der Regel dazu, ein Fehlverhalten zu dokumentieren und den Arbeitnehmer vor weitergehenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen, wie einer Kündigung, zu warnen. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses entfällt jedoch dieser Zweck, weshalb die Abmahnung gelöscht werden muss.

Das Gericht stellte außerdem klar, dass der Löschungsanspruch nicht nur für digital gespeicherte Daten gilt, sondern auch für papierene Personalakten, da diese ebenfalls als „Dateien“ im Sinne der DSGVO zu betrachten sind.

Ein weiteres entscheidendes Element des Urteils betrifft die Auskunftspflicht des Arbeitgebers. Wurde ein USB-Stick des Arbeitnehmers eingezogen und ausgelesen, muss der Arbeitgeber gemäß Art. 15 DSGVO Auskunft darüber erteilen, welche personenbezogenen Daten er von diesem Stick gespeichert hat. Unterlässt er dies, kann er nach Art. 82 DSGVO auf Schadensersatz haften.

Praktische Maßnahmen für Unternehmen
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Handhabung personenbezogener Daten von Mitarbeitern und die Notwendigkeit klarer Prozesse, um den Anforderungen der DSGVO gerecht zu werden. Unternehmen sollten folgende Maßnahmen ergreifen:

Regelmäßige Überprüfung und Löschung von Abmahnungen: Arbeitgeber sollten nach Ende eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses regelmäßig prüfen, ob in den Personalakten gespeicherte Abmahnungen noch erforderlich sind. Eine routinemäßige Löschung solcher Abmahnungen ist anzuraten, da die Speicherung dieser Daten keinen legitimen Zweck mehr erfüllt und somit gegen Art. 17 DSGVO verstoßen könnte.
Datenschutzkonforme Handhabung von personenbezogenen Daten: Werden personenbezogene Daten von Mitarbeitern gespeichert, insbesondere wenn diese von persönlichen Geräten wie USB-Sticks stammen, muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass diese Daten nur im rechtlichen Rahmen verarbeitet werden. Insbesondere müssen Arbeitgeber im Rahmen der Auskunftspflicht vollständig und transparent darlegen können, welche Daten sie von Mitarbeitern gespeichert haben.

Aufbewahrungsfristen und Dokumentationspflichten: Zwar gibt es keine spezifischen Aufbewahrungsfristen für Abmahnungen, jedoch sollte die Speicherung auf das Notwendige beschränkt werden. Unternehmen sollten klare Richtlinien zur Aufbewahrung und Löschung von Mitarbeiterdaten in Personalakten entwickeln und diese regelmäßig überprüfen.
Schulung und Sensibilisierung: Alle Mitarbeiter, die mit Personalakten oder der Verarbeitung personenbezogener Daten zu tun haben, sollten in den relevanten Datenschutzvorschriften geschult werden. Hierzu gehört auch das Verständnis, welche Daten erhoben, gespeichert und wann sie gelöscht werden müssen.
Prozess für Auskunftsanfragen: Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass sie einen klar definierten Prozess für die Bearbeitung von Auskunftsanfragen nach Art. 15 DSGVO haben. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen personenbezogene Daten von Geräten des Mitarbeiters stammen. Eine fehlerhafte oder unterlassene Auskunft kann nicht nur rechtliche Folgen nach sich ziehen, sondern auch Schadensersatzforderungen auslösen.

Widersprüchliche Rechtsprechung: Ein Blick auf LAG Sachsen
Interessanterweise hat das Landesarbeitsgericht Sachsen im selben Jahr gegensätzlich entschieden (Urteil vom 31.3.2023, 4 Sa 117/21). Es befand, dass kein Rechtsschutzinteresse auf Löschung einer Abmahnung nach Ende des Arbeitsverhältnisses besteht. Diese widersprüchlichen Urteile zeigen, dass die Rechtsprechung noch uneinheitlich ist, und es bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht hier in einer Revision Klarheit schafft.

Fazit
Das Urteil des LAG Baden-Württemberg ist ein weiteres Beispiel für die wachsende Bedeutung des Datenschutzes im Arbeitsrecht. Unternehmen sollten die datenschutzrechtlichen Vorgaben der DSGVO nicht nur gegenüber Kunden, sondern auch ihren Mitarbeitern gegenüber ernst nehmen. Die korrekte Handhabung von Abmahnungen und die Erfüllung der Auskunftspflicht sind zentrale Maßnahmen, um rechtliche Risiken zu minimieren und den Schutz personenbezogener Daten sicherzustellen.

Bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht die widersprüchlichen Urteile harmonisiert und Unternehmen sowie Arbeitnehmern in Bezug auf die DSGVO im Arbeitsrecht mehr Rechtssicherheit bietet. Bis dahin sollten Unternehmen die datenschutzrechtlichen Grundsätze streng beachten und entsprechende interne Prozesse umsetzen.

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