Welche Informationen zum Mitarbeiter darf eine Liste enthalten, wenn diese Inhalte über das Arbeitsverhältnis entscheiden?
Ein Unternehmen hat eine größere Zahl an Servicekräften eingestellt. Kurz vor dem Ende der Probezeit hat die Geschäftsführung die Vorgesetzte der Servicekräfte angewiesen, eine Liste mit Informationen zu den Beschäftigten zu erstellen, um intern begründen zu können, welche Beschäftigten in der Probezeit gekündigt werden sollen. Einige Informationen auf der Liste standen in keinem zulässigen Zusammenhang mit deren Zweck. In der Liste wurden neben einigen Stammdaten knappe Einschätzungen über die Beschäftigten und teilweise Empfehlungen für Kündigungen in der Probezeit festgehalten. Gut ein Drittel der Beschäftigten wurde als „kritisch“ oder „sehr kritisch“ bewertet. Für knapp ein Fünftel der Beschäftigten wurde die Empfehlung ausgesprochen, sie in der Probezeit zu kündigen. In einer mit „Begründung“ betitelten Tabellenspalte wurden teilweise Arbeitsmotivation, Krankentage, soziale oder politische Einstellungen, mögliches Interesse an einem – noch nicht bestehenden – Betriebsrat und häufig außerbetriebliche Gründe, die einer flexiblen Einteilung in die Arbeitsschichten entgegenstehen würden, aufgelistet. Solche Gründe konnten andere Tätigkeiten, ein Studium oder ein Hobby sein. Bei zwei Personen wurde auch notiert, dass regelmäßige Psychotherapietermine der gewünschten Flexibilität entgegenstehen würden. Das Unternehmen hat auf Anfrage hin erklärt, dass die Liste dem Zweck dienen sollte, Leistungen von Beschäftigten objektivierbar zu beurteilen. Auf dieser Grundlage sollte entschieden werden, ob das Arbeitsverhältnis fortgeführt wird. Die Liste wurde von der Vorgesetzten der Servicekräfte per E-Mail an die Geschäftsführung und die Personalabteilung versandt.
Unternehmen dürfen intern Überlegungen anstellen, ob sie Beschäftigte innerhalb der Probezeit kündigen. Da hier Entscheidungen zu mehreren Beschäftigten getroffen werden sollten, spricht nichts gegen eine tabellarische Aufstellung. Teilweise äußerst problematisch war jedoch der Inhalt der Liste, denn es dürfen natürlich nur solche personenbezogenen Daten herangezogen werden, die keinem Verarbeitungsverbot unterliegen. Die Informationen müssen in einem zulässigen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. So wurde in der Liste häufig angeführt, dass die Personen für die Dienstplanung nicht flexibel genug seien, ergänzt mit der Begründung, weshalb sie zu bestimmten Zeiten nicht arbeiten können. Dabei muss es einem bzw. einer Arbeitgeber:in für seine bzw. ihre Entscheidung über die Fortführung eines Arbeitsverhältnisses regelmäßig genügen, dass die beschäftigte Person zu bestimmten Zeiten nicht verfügbar ist. Auf dieser Grundlage kann entschieden werden, ob die angegebene verfügbare Zeit ausreicht, um das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Dies gilt in gesteigertem Maße für Informationen, wie „besucht eine Psychotherapie“. Hierbei handelt es sich um ein Gesundheitsdatum, das einem Verarbeitungsverbot unterliegt und für dessen Verarbeitung der Beschäftigtendatenschutz hier keine Ausnahme vorsieht. Bei insgesamt fünf Beschäftigten war ein Interesse am Betriebsrat oder eine andere Form von Einsatz für kollektive Beschäftigteninteressen notiert. Diese Informationen stehen in keinerlei Zusammenhang mit dem von dem Unternehmen vorgeblich verfolgten Zweck, eine Leistungsbeurteilung der Beschäftigten durchzuführen. Denn Interesse an einem Betriebsrat mag mancher bzw. manchem Arbeitgeber:in ein Dorn im Auge sein, eine Aussage zu der Leistung der Beschäftigten ist diese Information nicht.
Auf Nachfrage hat das Unternehmen mitgeteilt, dass diese Anmerkungen auch gemacht wurden, um die Gründung eines Betriebsrates zu unterstützen. Nachweise, die diese Behauptung stützen, konnte das Unternehmen nicht erbringen. Ganz im Gegenteil: Vier der betroffenen Beschäftigten wurden in der Probezeit gekündigt, mit der fünften Person wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen. Viele der in der Liste aufgeführten Informationen haben die Beschäftigten ihrer Vorgesetzten selbst mitgeteilt. Etwa, wenn sie in E-Mails um eine bestimmte Einteilung in den Dienstplan gebeten und dies begründet haben. Insofern ließ sich eine zunächst geäußerte Vermutung, dass Beschäftigte ausspioniert worden sind, nicht nachweisen. Allerdings dürfen auch auf diesem Wege mitgeteilte Informationen von Arbeitgeber:innen nicht zu den genannten Zwecken weiterverarbeitet werden. Da eine leitende Angestellte auf Anweisung der Geschäftsführung die unzulässige Datenverarbeitung durchgeführt hat und bei der Datenverarbeitung schwerwiegende Folgen in Form von Kündigungen für die Betroffenen drohten, wurde das Verfahren an die Sanktionsstelle der Behörde zur Prüfung abgegeben, ob ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden soll.
Arbeitgebende dürfen Überlegungen anstellen, inwiefern Beschäftigte weiterbeschäftigt werden sollen und insofern auch personenbezogene Daten verarbeiten. Die so verarbeiteten Daten müssen aber für diesen Zweck überhaupt geeignet sein, was heißt, dass sie in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen müssen.
Quelle: Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit
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