Jugendamt Recherche in sozialen Netzwerken
Darf das Jugendamt in sozialen Netzwerken recherchieren?
Der Leiter eines Jugendamtes bittet um Beantwortung der Frage, wie eine gezielte dienstliche Recherche in sozialen Netzwerken datenschutzrechtlich zu bewerten ist.
Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27.02.2008 zur Online-Durchsuchung (Az.: 1 BvR 370/07 und 1 BvR 595/07; BVerfGE 120, 274 ff.).
Nach dem Urteil bewirkt die reine Internetaufklärung als solche grundsätzlich keinen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht. Darüber hinaus sei selbst bei einer Kommunikationsbeziehung im Internet, die – wie bei sozialen Netzwerken – eine Art elektronische Gemeinschaft gebildet habe, das Vertrauen der Kommunikationsteilnehmer in die Identität und Wahrhaftigkeit der Kommunikationspartner nicht schutzwürdig. Das gezielte Zusammentragen und Speichern der in sozialen Netzwerken allgemein zugänglichen Inhalte könne zwar in einem derartigen Fall einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen und eine besondere Gefahrenlage für die Persönlichkeit des Betroffenen erzeugen. Bei Vorliegen einer Ermächtigungsgrundlage sei dies allerdings zulässig.
Vor diesem Hintergrund sind die Jugendämter zumindest bei Vorliegen der Erhebungsvoraussetzungen des § 62 Abs. 3 SGB VIII oder des § 67a SGB X datenschutzrechtlich befugt, unter ihrer eigenen Identität in sozialen Netzwerken nach den für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen und dort allgemein zugänglichen Informationen zu suchen.
Eine möglicherweise mit der gezielten dienstlichen Recherche verbundene Verletzung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzelner Netzwerkanbieter ist dagegen angesichts des bei Vorliegen der o.g. Erhebungsvoraussetzungen bestehenden öffentlichen Interesses an der Aufgabenerfüllung durch das Jugendamt hinzunehmen.
Bloße Internetrecherchen über Suchmaschinen oder in frei zugänglichen Seiten sind datenschutzrechtlich unbedenklich, da es sich regelmäßig um allgemein zugängliche Daten handelt und kein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht erfolgt.
Quelle: LfDI RLP
Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:
- Kein Backup, kein Mitleid! Datensicherung mit NAS und Festplatte
- Datenpanne auf Reisen durch Visual Hacking- Blickschutz hilft.
- Denkanstoß – Daten(schutz)risiko USB-Stick, es passiert immer wieder
- Aktenvernichter für den Arbeitsplatz – Gegen Datenpannen auf Papier
- Tipp: Textpassagen mit einem Camoflage-Rollstempel unkenntlich machen
- Aufsichtsbehörde empfiehlt Buch: DSGVO /ePrivacy auf Websites umsetzen
- Recht im Online-Marketing: So schützen Sie sich vor Fallstricken zur DSGVO
Dieser Absatz enthält Affiliatelinks/Werbelinks