Großes Medienecho hatte ein Ansinnen der einflussreichsten Wirtschaftsauskunfteien erfahren, einen speziellen Datenpool über Strom- und Gaskunden aufzubauen.
Im Kern ging es darum, die für die Energieversorger wenig ertragreichen sog. Bonus-Hopper zu entlarven und diesen keine Neukundenrabatte zu gewähren. Das Geschäft der Energieversorger ist nämlich so aufgebaut, dass Neukunden einen besonders attraktiven und von den Anbietern subventionierten Tarif erhalten, um dadurch neue Kunden an sich binden zu können. Eine nicht gerade unbeachtliche Zahl an Kunden nutzt dieses Modell in rechtlich nicht zu beanstandender Weise aus und wechselt jährlich den Stromanbieter mit dem Ziel, jedes Jahr aufs Neue einen günstigen Tarif abschließen zu können. Für die Stromversorger geht die Rechnung insoweit nicht auf, als sich so keine Bestandskunden gewinnen lassen, die nach einem Jahr automatisch in einen teuren Tarif wechseln.
Innerhalb der Datenbank der Auskunfteien sollten branchenweit Vertragsdaten der Kunden von Energieversorgern gesammelt werden (z.B. Vertragsdauer). Hierbei handelt es sich um sog. Positivdaten, die keine Aussage über die Zahlungsmoral beinhalten. Die damit verbundene Befürchtung der Aufsichtsbehörden war, dass dadurch die Anbieter in die Lage versetzt werden, wechselwillige Verbraucher zu identifizieren und entsprechende Anträge auf Abschluss eines Storm- bzw. Gaslieferungsvertrags ablehnen zu können.
Dies hätte zur Konsequenz gehabt, dass vollkommen vertragstreue Kunden künftig mit Nachteilen bei der Strombelieferung hätten rechnen müssen. Anstatt treue Bestandskunden mit Rabattgewährungen zu belohnen, sollte vielmehr an Lockangeboten für Neukunden festgehalten werden, wobei diese Angebote jedoch nicht mehr jedem, sondern nur noch potentiellen Nichtwechselkunden angeboten werden sollten. Dies beißt sich insoweit mit der bisherigen Praxis, als es grundsätzlich originäre Aufgabe der Auskunfteien ist, die Marktteilnehmer vor schwarzen Schafen unter den Verbrauchern zu schützen, die sich nicht vertragstreu verhalten und sich in der Vergangenheit durch eine schlechte Zahlungsmoral ausgezeichnet haben.
Zwar wurde dieses Szenario von Seiten der betroffenen Auskunfteien dementiert. Dennoch hat sich der Arbeitskreis Auskunfteien der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder mit der Thematik unter Einbeziehung der Auskunfteienvertreter befasst. Diese teilten darin mit, dass die geplante Datenverarbeitung zu den Energieversorgungskunden so ausgestaltet sei, dass Rückschlüsse auf eine etwaige Wechselneigung ausgeschlossen sind.
Ungeachtet dessen vertreten die Aufsichtsbehörden die Auffassung, dass erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Verarbeitung von Positivdaten durch Wirtschaftsauskunfteien im Bereich der Energieversorgungsbranche bestehen. Entsprechende Branchenpools zur Identifizierung von wechselwilligen Kunden sind mit den datenschutzrechtlichen Vorgaben nicht in Einklang zu bringen.
Darüber hinaus hätte das beabsichtigte Vorgehen auch eine mögliche Signalwirkung für andere Vertragstypen und Branchen mit der Folge des Entstehens von Vertragsdatenbanken. Der gläserne Kunde wäre damit greifbar nahe.
Fazit/Empfehlung: Die Verarbeitung von Positivdaten (z.B. Vertragsdauer) zur Identifizierung von „Bonus-Hoppern“ ist unzulässig. Wechselwillige Kunden müssen auch künftig nicht damit rechnen, von attraktiven Neukundenangeboten ausgeschlossen zu werden.
Quelle: LfDI Saarland
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