Beschwerde über Fragebogen „betreutes Wohnen“
Pflegedienste händigen Fragebogen an Pflegebedürftige aus, in denen diese über ihr Leben erzählen können. Diese Praxis ist ein wesentlicher Bestandteil der fach-pflegerischen Versorgung und Betreuung von Menschen mit Demenz. Aufgrund der fachlichen Notwendigkeit ist diese Datenerhebung unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen zulässig.
Eine Beschwerde richtete sich gegen den Betreiber einer Pflegeeinrichtung, da diese Pflegebedürftigen beziehungsweise deren Angehörigen einen Fragenbogen „Erinnerung an mein Erwachsenenalter“ zum Ausfüllen vorlegten. Die Angehörige hielt einige der dort aufgeführten Fragen für sehr persönlich und es war für sie nicht ersichtlich, was mit den erhobenen Daten geschehen soll. Mithilfe dieses Fragebogens werden sehr weitreichende biografische Daten und, im Hinblick auf Verwandtschaftsverhältnisse, teilweise auch Daten von Dritten erhoben.
Nach eingehender Stellungnahme des Betreibers der Pflegeeinrichtung sei der Fragebogen „Erinnerung an mein Erwachsenenalter“ ein wesentlicher Bestandteil der fach-pflegerischen Versorgung und Betreuung von Menschen mit Demenz. Damit einhergehend ist die Durchführung der Biographiearbeit ein Bestandteil der regelmäßigen Qualitätsprüfungen nach § 114 Sozialgesetzbuch XI des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Der Fragebogen soll dabei helfen, die „untergehende, schwindende“ Identität von Pflegebedürftigen länger zu bewahren, weshalb es für den Pflegedienst wichtig ist, Daten aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Pflegebedürftigen zu erheben. Dies sind wichtige Informationen, um einen qualifizierten Umgang mit dem Krankheitsbild zu ermöglichen und einen angemessenen Kontakt zum Pflegebedürftigen wahren zu können.
Das Ausfüllen des Fragebogens sei freiwillig. Die Daten werden gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a) Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) aufgrund einer Einwilligung des Pflegebedürftigen erhoben. Genutzt werde in diesem Zusammenhang ein standardisierter Fragebogen, welcher in der Pflegedokumentationsmappe des jeweiligen Pflegebedürftigen abgelegt werde. Lediglich die verantwortlichen Pflegekräfte hätten Zugriff auf die Angaben. Die zugriffsberechtigten Mitarbeiter würden schließlich auf das Dienstgeheimnis verpflichtet. In der Einwilligungserklärung zur Biografiearbeit wurde nicht hinreichend über den Zweck der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der erhobenen Daten hingewiesen. Der Pflegeeinrichtung wurde mitgeteilt, dass eine Einwilligung nur wirksam ist, wenn sie freiwillig und konkret informiert ist. Daraufhin wurde von der Pflegeeinrichtung ein Muster vorgelegt, die den datenschutzrechtlichen Vorgaben entsprach.
Der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wies darauf hin, dass gerade bei demenzkranken Personen die biografischen Daten oft von dritten Personen wie Angehörigen oder Betreuungspersonen abgefragt werden. In diesem Fall ist zu beachten, dass die Pflegeeinrichtung dadurch, dass sie personenbezogene Daten nicht bei der betroffenen Person direkt, sondern bei Dritten erhebt, bestimmte Informationspflichten gegenüber der betroffenen Person hat (Art. 14 DSGVO).
Kann ein Pflegebedürftiger aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst einwilligen, dann muss entsprechend der Gesetzeslage zum Beispiel durch ein vom Betreuungsgericht bestellter Betreuer oder durch eine Versorgungsvollmacht benannte Person einwilligen.
Quelle: LfDI Thüringen
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