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13.06.2020

Fingerabdruck zur Erfassung der Arbeitszeit

Die Erfassung der täglichen Arbeitszeit unter Verwendung von Fingerabdruckscannern ist unzulässig, da zur reinen Zeiterfassung weniger risikobehaftete Mittel zur Verfügung stehen, die die Rechte der Arbeitnehmer weniger beeinträchtigen.

Veranlasst durch eine Beschwerde hat die LDI NRW die Frage der Zulässigkeit von Fingerabdruckscannern zum Zweck der Arbeitszeiterfassung geprüft.

Arbeitgeber sind zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit ihrer Beschäftigten berechtigt und verpflichtet.

Der EuGH hat in einem Urteil zu Vertrauensarbeitszeit und Überstunden, die nicht genau erfasst werden (Urteil vom 14. Mai 2019, Az. C-55/18), entschieden, dass Unternehmen verpflichtet sind, ein System zur Erfassung der täglichen effektiv geleisteten Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu schaffen. Der EuGH stützte seine Entscheidung auf die europäische Arbeitszeit-Richtlinie (2003/88/EG) sowie die EU Grundrechte Charta, die jedem Arbeitnehmer das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit und auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einräumt.

Unternehmen sind also nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, diese Vorgaben zu beachten. Technisch stehen dazu verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.

Bei der Verwendung von Fingerabdruckscannern ist zu beachten, dass es sich bei solchen biometrischen Merkmalen um sensible persönliche Daten im Sinne von Art. 9 DSGVO und § 26 Abs. 3 BDSG handelt.

Eine Speicherung der aus den entsprechenden Aufnahmen/Bildern gewonnenen Informationen, den sog. Templates, kann aus Gründen der Datensicherheit und des Datenschutzes problematisch sein.

Insbesondere bei einer zentralen Speicherung könnten die Templates von einer Person ohne Zugangsberechtigung abgefragt und bearbeitet werden. So könnte sich ein unbefugter Dritter etwa mit einem nachgemachten Fingerabdruck erfolgreich für eine andere Person ausgeben.

Biometrische Verfahren können zudem hinsichtlich der Verlässlichkeit ihrer Erkennungsrate und der Datensicherheit Fehler und Schwächen aufweisen, was besondere Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen mit sich bringt. So können Fehler bei der Erkennung biometrischer Daten erhebliche Konsequenzen für die Betroffenen haben, zum Beispiel wenn sie hierdurch einem Rechtfertigungsdruck und zusätzlichen Kontrollmaßnahmen ausgesetzt würden.

An die Einführung und Nutzung biometrischer Erfassungs- und Identifizierungssysteme sind daher stets hohe Anforderungen im Hinblick auf die Erforderlichkeit und die Frage des Einsatzes gegenüber möglicherweise ebenso geeigneten, aber weniger einschneidenden Maßnahmen, wie zum Beispiel der Nutzung von herkömmlichen Ausweisdokumenten oder Chipkarten mit Magnetstreifen, zu stellen.

Bei der Arbeitszeiterfassung sind die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu beachten. Unzulässig sind die Erfassung besonders schützenswerter biometrischer Daten von Arbeitnehmern (vgl. dazu Art. 9 DSGVO und § 26 Abs. 3 BDSG), zum Beispiel durch Fingerabdruck- oder Irisscanner, wenn dies nicht durch besondere Sicherheitsbedürfnisse im Unternehmen zu rechtfertigen ist. Für Zwecke der reinen Arbeitszeiterfassung sind solche Datenverarbeitungen in der Regel nicht erforderlich, da mildere Mittel zur Verfügung stehen – etwa Chipkarten, Stempelanlagen und Stundenzettel.

Im Einzelfall können besondere Umstände den Einsatz biometrischer Erfassungs- und Identifizierungssysteme rechtfertigen. So kann bei Vorliegen eines erhöhten Sicherheitsinteresses an der Personenerkennung zu Autorisierungs- und Authentifikationszwecken aus betrieblichen Gründen, etwa bei Betreten und Verlassen eines Sicherheitsbereichs, zum Beispiel in Laboren oder Forschungseinrichtungen, oder beim Einloggen in ein Firmennetzwerk der Einsatz solcher Systeme erforderlich sein. Dabei sind an die sichere Speicherung wegen der Gefahr des unberechtigten Zugriffs allerdings hohe Anforderungen zu stellen. Eine dezentrale Speicherung, etwa auf einem Token, ist daher angezeigt.

Im konkreten Fall sollten die Fingerabdruckscanner ausschließlich zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit eingesetzt werden. Da hierfür weniger risikobehaftete technische Mittel zur Verfügung stehen, war die Erforderlichkeit der Maßnahme zu verneinen.

Infolge der rechtlichen Hinweise hat der Arbeitgeber von der Einführung der biometrischen Datenerhebung Abstand genommen.


Der Einsatz von Fingerabdruckscannern oder eine Verwendung von anderen biometrischen Daten ausschließlich für Zwecke der Zeiterfassung sind regelmäßig datenschutzrechtlich nicht zulässig.


Quelle: LDI NRW

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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