Fahren ohne Fahrschein – Datenweitergabe an Inkassounternehmen
Bei Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr ohne gültigen Fahrschein fällt regelmäßig ein erhöhtes Beförderungsentgelt an. Ein Bürger beschwerte sich in diesem Zusammenhang bei der Datenschutzaufsicht darüber, dass seine personenbezogenen Daten nach einer Fahrscheinkontrolle an ein Inkassounternehmen weitergegeben wurden und darüber hinaus für die Dauer eines Jahres bei dem Verkehrsunternehmen gespeichert werden.
Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen einer Fahrscheinkontrolle in der S-Bahn mit einem Fahrschein, aber ohne dazugehörige Kund*innenkarte angetroffen. Das Fehlen einer Kund*innenkarte zu dem entsprechenden Fahrausweis gilt nach den Beförderungsbedingungen der S-Bahn Berlin GmbH als ungültiger Fahrausweis. Die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers wurden erfasst und zur Geltendmachung des erhöhten Beförderungsentgelts an ein Inkassounternehmen weitergegeben. Dieses machte das erhöhte Beförderungsentgelt dann gegenüber dem Beschwerdeführer geltend.
Das Fahren ohne vollständig mitgeführten Fahrschein in den Zügen der S-Bahn Berlin GmbH berechtigt Kontrolleur*innen, personenbezogene Daten der betroffenen Personen aufzunehmen. Die Verarbeitung der Daten erfolgt zur Erfüllung des jeweiligen Vertrags, der nach den Beförderungsbedingungen der S-Bahn Berlin GmbH durch die Nutzung des Fahrangebots stillschweigend auch zwischen der S-Bahn Berlin GmbH und Personen ohne gültigen Fahrschein abgeschlossen wird. Auch die Weitergabe der zur Abwicklung des erhöhten Beförderungsentgelts erforderlichen Daten an ein Inkassounternehmen ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verkehrsunternehmens zulässig.
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erlaubt die Verarbeitung von Daten u.a. dann, wenn dies „zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich [ist], sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen“. Auf dieser Grundlage müssen die berechtigten Interessen der oder des Verantwortlichen und die Interessen der jeweils betroffenen Person gegeneinander abgewogen werden. Die S-Bahn Berlin GmbH ist nicht verpflichtet, eine fällige Forderung selbst geltend zu machen, sondern kann damit ein Inkassounternehmen beauftragen. Überwiegende Interessen der betroffenen Person sind insoweit nicht ersichtlich. Dementsprechend dürfen die zum Zwecke der Geltendmachung der fälligen Forderung erforderlichen Daten an das Inkassounternehmen übermittelt werden. Denn ohne die entsprechenden personenbezogenen Daten ließe sich die übertragene Forderung nicht eintreiben.
Eine Speicherung der Daten für die Dauer eines Jahres bei der S-Bahn Berlin GmbH ist ebenso zulässig. Das Verkehrsunternehmen hat ein berechtigtes Interesse, innerhalb eines begrenzten Zeitraums zu überprüfen, ob einzelne Personen häufiger ohne gültigen Fahrschein angetroffen werden, um ggf. einen Strafantrag wegen sog. Beförderungserschleichung zu stellen.
Personenbezogene Daten, die der Geltendmachung eines erhöhten Beförderungsentgelts dienen, dürfen an ein Inkassounternehmen übermittelt werden. Das Verkehrsunternehmen, welches ein erhöhtes Beförderungsentgelt erhebt, darf die entsprechenden Daten zudem für einen begrenzten Zeitraum speichern.
Quelle: BInBDI
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