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27.10.2023

Exzessiver Auskunftsanspruch

Exzessiver Auskunftsanspruch

Eine Kommune fragte, ob folgender Sachverhalt eine offensichtlich unbegründete Geltendmachung des Auskunftsrechtes nach Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gemäß Art. 12 Abs. 5 DSGVO darstelle, welche dazu berechtigen würde, dem Antrag nicht nachzukommen (Art. 12 Abs. 5 Buchst. b DSGVO) oder ein Entgelt für die Bearbeitung gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a DSGVO zu fordern. Einer ihrer Bürger stellte im Oktober 2019 ein Auskunftsersuchen, welches vollständig beantwortet wurde. Im September 2021 stellte derselbe Betroffene ein Löschungsersuchen, welches auf Nachfrage von ihm präzisiert wurde und dann durch Löschung der E-Mail-Adresse ebenfalls erfüllt wurde. Mit Schreiben vom Februar 2022 ersuchte er erneut um Auskunft. In dem Antragsschreiben findet sich der Satz: „Meine Anfrage schließt expliziert auch sämtliche weiteren Angebote und Unternehmen ein, für die Sie Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO sind.“ Dies erschien der Kommune zu weitgehend. Die Aufsichtsbehörde teilt der anfragenden Kommune mit, dass vorliegend die Voraussetzungen des Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO nicht erfüllt sind. Weder ist die Anfrage wegen zu häufiger Wiederholung oder wegen Rechtsmissbrauchs exzessiv, noch ist sie offensichtlich unbegründet.

Durch Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO wird gewährleistet, dass der Unentgeltlichkeitsgrundsatz nicht in Missbrauchsfällen gilt. Zwar hat der Antragsteller zuvor einen Auskunftsantrag im Oktober 2019 und einen Löschungsantrag im September 2021 gestellt, aber eine exzessive Ausübung des Auskunftsrechts ist darin noch nicht zu erblicken. In Anlehnung an die Frist des Art. 78 Abs. 2 DSGVO für eine Untätigkeitsklage ist eine Anfrage pro Quartal nicht exzessiv, da sich die bei einer Kommune erfassten personenbezogenen Daten eines Bürgers innerhalb weniger Wochen ändern können. Der Satz „Meine Anfrage schließt explizit auch sämtliche weiteren Angebote und Unternehmen ein, für die Sie Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO sind“ weist so noch nicht darauf hin, dass der Betroffene den Antrag aus schikanösen Gründen stellte. Ein Exzess kann jedoch dann vorliegen, wenn das Informationsverlangen sich offensichtlich von dem Regelungszweck des Auskunftsanspruchs entfernt hat. In der Rechtsprechung wird Rechtsmissbrauch angenommen, wenn ein anderer Zweck als die Information über personenbezogene Daten dem Ersuchen zugrunde liegt, zum Beispiel, wenn der Auskunftsanspruch der Überprüfung etwaiger Prämienanpassungen von Versicherungen wegen möglicher formeller Mängel nach § 203 Abs. 5 Versicherungsvertragsgesetz dienen soll (vgl. Oberlandesgericht Hamm, B. vom 15.11.2021 – 20 U 269/21, ZD 2022, 237 Rdnr. 11).

Auch ein Auskunftsverlangen im Zusammenhang mit einem Zahlungsbegehren in Höhe von über 110.000 Euro, welches erst rechtshängig gemacht wurde, nachdem der Verantwortliche seinen Vorstellungen nicht entsprochen und er auf den erheblichen aus der Beauskunftung resultierenden Arbeitsaufwand hingewiesen hatte, war deshalb exzessiv (Landesarbeitsgericht Sachsen, Urteil vom 17.2.2021 – 2 Sa 63/20, ZD 2022, 171 Rdnr. 66, 67). Nach anderer Auffassung darf die bzw. der Betroffene mit seinem Ersuchen auch „datenschutzfremde Zwecke“ verfolgen, da der Schutzzweck der DSGVO umfassend ist (Kühling/ Buchner/Bäcker, 3. A. 2020, DSGVO Art. 15 Rdnr. 42d). Letzterem ist zuzustimmen, da auf diese Weise auch eine Ausforschung der Antragstellerinnen und Antragsteller über die Motive der Geltendmachung ihrer Rechte verhindert wird. Die Anfrage ist auch nicht von vornherein offensichtlich unbegründet. Offensichtlich unbegründet ist ein Antrag nur dann, wenn die Antragstellung von jeder bzw. jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Beispiele sind, dass ein unberechtigter Dritter Rechte der betroffenen Person geltend macht oder dass eine betroffene Person die Löschung ihrer Daten von einem Verantwortlichen verlangt, der ihm bereits mitgeteilt und nachgewiesen hat, dass er keine Daten von ihr verarbeitet. In einer unklaren Formulierung des Anliegens liegt noch kein offensichtlich unbegründeter Antrag vor, sondern der Verantwortliche hat sich bei der bzw. dem Betroffenen nach dem Inhalt seines Antrages zu erkundigen, da er gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1 DSGVO die Pflicht hat, der betroffenen Person die Ausübung ihrer Rechte zu erleichtern. Die Auskunft konnte deshalb nicht gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO verweigert werden.

Quelle: SDTB

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