Im 28. Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wurde das Thema der Einsichtnahme in die Patientenakte aufgegriffen. Von Interesse ist hierbei insbesondere das Verhältnis des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs gemäß Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu dem in § 630g Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) normierten Recht auf Einsichtnahme in die Patientenakte, auch weil Art. 15 Abs. 3 DSGVO einen Anspruch auf eine kostenlose Kopie der personenbezogenen Daten begründet, während nach § 630g BGB die Kosten für die Kopie der Behandlungsdokumentation dem Patienten in Rechnung gestellt werden dürfen.
Das Unabhängige Datenschutzzentrum Saarland stellt bisher bei der Bearbeitung von Anfragen oder Beschwerden in diesem Zusammenhang darauf ab, welches Anliegen der betroffene Patient im konkreten Fall verfolgt.
Im Berichtszeitraum erging nun ein erstes Urteil zur Frage der kostenlosen Kopie der Patientenakte (Landgericht Dresden, Urteil vom 29.5.2020 6 O 76/20). Darin heißt es, der Klägerin stehe als Patientin der spezialgesetzlichen Regelung des § 630g BGB auch ein Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO zu. Dabei komme es nicht darauf an, für welchen Zweck (im vorliegenden Fall zivilrechtliche Haftungsansprüche) der Auskunftsanspruch geltend gemacht wird. Weiter führt das Gericht aus: „Die Regelung des § 630 g BGB hat nicht Vorrang vor den Bestimmungen des Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Ein Vorrangverhältnis als lex spezialis kann eine Regelung auf nationaler Ebene bezüglich einer europarechtlichen Regelung nicht enthalten. Die DSGVO sieht eine Öffnung für anderslautende nationale Regelungen nicht vor. Mithin ist einem Auskunftsverlangen, welches statt auf § 630 g BGB auf Art. 15 Abs. 3 DSGVO gestützt wird, vollumfänglich zu entsprechen.“
Die interessante Frage nach der vollständigen Deckungsgleichheit der beiden Anspruchsgrundlagen lässt das Gericht offen.
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass das Gericht die BGB-Vorschrift nicht als vorrangige spezielle Regelung gegenüber dem Auskunftsrecht nach DSGVO einordnet, sondern von zwei nebeneinander existierenden Anspruchsgrundlagen ausgeht. Diese Auffassung deckt sich mit der des Unabhängigen Datenschutzzentrums Saarland. Die weitere Entwicklung in dieser Thematik bleibt abzuwarten.
Fazit/ Empfehlung:
Patienten haben neben dem Recht auf Akteneinsicht nach dem BGB auch einen datenschutzrechtlichen Anspruch auf Auskunft über den Inhalt der Behandlungsdokumentation.
Quelle: LfDI Saarland
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