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03.11.2025

Dauer-Videoüberwachung von Beschäftigten

Dauer-Videoüberwachung von Beschäftigten: 15.000 Euro Entschädigung bestätigt

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat einem Produktionsmitarbeiter 15.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen, nachdem dieser 22 Monate lang dauerhaft von 34 Kameras überwacht wurde – obwohl er der Überwachung ausdrücklich widersprochen hatte (Urteil vom 28. Juni 2025, 18 SLa 959/24). Die Kameras in der Produktionshalle liefen rund um die Uhr und zeichneten die gesamte Arbeitsfläche auf. Damit konnte nachvollzogen werden, wann der Mitarbeiter sich auf dem Weg zum Büro, in den Pausenraum oder zur Toilette befand. Die Aufnahmen wurden 48 Stunden gespeichert. Im Arbeitsvertrag war lediglich allgemein geregelt, dass personenbezogene Daten unter Beachtung des Datenschutzes verarbeitet werden dürfen. Eine wirksame Einwilligung in die Videoüberwachung lag nicht vor.

Das Gericht stellte fest, dass die dauerhafte Überwachung das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzte. Weder § 26 Abs. 1 BDSG noch Art. 6 DSGVO bieten eine rechtliche Grundlage für eine so umfassende Kontrolle. Eine Einwilligung im Arbeitsverhältnis gilt nur dann als freiwillig, wenn sie ohne Druck erfolgt – was hier nicht der Fall war. Auch ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers konnte die Videoüberwachung nicht rechtfertigen. Eine 24-stündige Aufzeichnung sei nicht das mildeste Mittel, um Straftaten oder Vandalismus zu verhindern. Zudem habe der Kläger keinen Rückzugsort gehabt, an dem er sich der Kameraüberwachung entziehen konnte. Dadurch entstand ein erheblicher Anpassungsdruck und eine dauerhafte Belastung im Arbeitsalltag.

Für Unternehmen bedeutet das Urteil: Videoüberwachung darf nicht zur ständigen Kontrolle von Mitarbeitenden genutzt werden. Zulässig ist sie nur, wenn sie verhältnismäßig, zweckgebunden und transparent erfolgt. Kameras dürfen also nicht pauschal den gesamten Arbeitsplatz erfassen, sondern nur klar abgegrenzte Bereiche, etwa zur Sicherung von Maschinen, Kassen oder Ein- und Ausgängen. Außerdem muss die Speicherdauer so kurz wie möglich gehalten und der Zweck dokumentiert werden. Beschäftigte sind klar über die Überwachung zu informieren, und der Betriebsrat ist – falls vorhanden – einzubeziehen.

Ein Beispiel aus der Praxis: Wird in einem Lager regelmäßig Ware gestohlen, kann eine Kamera erlaubt sein, wenn sie nur den betroffenen Bereich filmt, eine begrenzte Aufzeichnungsdauer hat und der Zweck eindeutig festgelegt ist. Eine vollständige Daueraufzeichnung der Arbeitsvorgänge wäre dagegen unverhältnismäßig. Arbeitgeber sollten zudem prüfen, ob eine Datenschutz-Folgenabschätzung erforderlich ist, da Videoüberwachung oft ein hohes Risiko für die Rechte der Beschäftigten bedeutet.

Unternehmen sollten ihre bestehenden Videoüberwachungssysteme regelmäßig überprüfen und unnötige oder zu weitreichende Kameras entfernen. Eine Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten hilft, Bußgelder und Schadensersatzforderungen zu vermeiden. Datenschutzkonforme Lösungen schaffen nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch Vertrauen im Betrieb.

Quellenangabe: Landesarbeitsgericht Hamm

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