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05.11.2021

Datenverarbeitung von Sinti und Roma

Unrechtmäßige Datenverarbeitung zu Sinti und Roma

In der Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2017 hieß es auf Seite 48: „Im Bereich des Trickdiebstahls waren von 86 Tatverdächtigen 53 Sinti und Roma.“Die Datenschutz Aufsichtsbehörde hat aufgrund einer Eingabe die Verarbeitung personenbezogener Daten zu den Ethnien Sinti und Roma bei der Polizei geprüft.

Die Polizei erklärte zunächst, die Angabe in der PKS 2017 beruhe auf der fachlich fundierten Einschätzung der Fachdienststelle. Eine systematische Zuordnung Tatverdächtiger zur Bevölkerungsgruppe der Sinti und Roma erfolge grundsätzlich nicht. Allenfalls im Rahmen polizeilicher Sachbearbeitung komme es vereinzelt zur Verarbeitung von Daten über die Ethnie, etwa wenn sich Personen bei Vernehmungen selbst als Sinti, Roma, Jenische oder auch „Zigeuner“ bezeichneten. Solche Angaben würden aber nicht systematisch und suchfähig dokumentiert sowie gespeichert, sondern nur im Wortprotokoll erfasst und würden so Teil des Vorgangs.

Daraufhin führte die Datenschutzaufsicht eine Prüfung bei der Polizei durch, um die Verwendung der Begriffe „Jenische“, „Roma“, „Sinti“ und „Zigeuner“ in Vorgängen aus dem Jahr 2017 stichprobenartig zu kontrollieren. Es stellte sich heraus, dass von den im Jahr 2017 abgeschlossenen Vorgängen mit der Ereignisbezeichnung „Trickdiebstahl in Wohnung“ 31 einen oder mehrere der Begriffe „Roma“, „Sinti“ und „Zigeuner“ enthielten. Die Nennung war größtenteils auf zitierte bzw. wiedergegebene Zeugen- oder Beschuldigtenaussagen zurückzuführen. Doch auch Dokumente ohne unmittelbaren Bezug zu Zeugen- oder Beschuldigtenaussagen, wie etwa die von den ermittelnden Mitarbeiter*innen der Polizei zusammengefassten Sachverhalte in den Strafanzeigen, Durchsuchungs-, Zwischen- oder Schlussberichten an die Staatsanwaltschaft, enthielten o. g. Begriffe ohne erkennbare Erforderlichkeit.

Gemäß § 33 Abs. 1 BlnDSG dürfen Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden besondere Kategorien personenbezogener Daten nur verarbeiten, wenn dies zu deren Aufgabenerfüllung oder zur Wahrung lebenswichtiger Interessen einer natürlichen Person erforderlich ist oder sich die Verarbeitung auf Daten bezieht, die von der betroffenen Person offensichtlich öffentlich gemacht wurden. Die ethnische Zugehörigkeit gehört zu den besonderen Kategorien personenbezogener Daten.

Für die Erfüllung der Aufgabe „Strafverfolgung“ dürfen Strafverfolgungsbehörden personenbezogene Daten in Dateien speichern, verändern und nutzen, soweit dies für die Zwecke des Strafverfahrens erforderlich ist. Für die Aufgabe „Gefahrenabwehr“ können Polizei- und Ordnungsbehörden rechtmäßig erhobene personenbezogene Daten in Akten oder Dateien speichern, verändern und nutzen, soweit das zur Erfüllung ihrer Aufgaben, zu einer zeitlich befristeten Dokumentation oder zur Vorgangsverwaltung erforderlich ist.

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung zur vorgenannten Aufgabenerfüllung ist danach zu differenzieren, welcher Begriff verwendet wird, auf wen die Verwendung des Begriffs zurückzuführen ist (Polizei oder Dritte, insbesondere Zeug*innen und Beschuldigte) und an wen sich der jeweilige Text (Polizei, Staatsanwaltschaft) richtet:

Die Worte „Zigeuner*in“ und „Landfahrer*in“ sind grundsätzlich unzulässig und aus allen Vorgängen zu entfernen. Lediglich als deutlich gekennzeichnete Zitate können sie ausnahmsweise in Vorgängen stehen, sofern sie ermittlungsrelevant sind.

Für die Begriffe Sinti und Roma gilt:

  • Ihre Verwendung in Schlussberichten an die Staatsanwaltschaft ist unzulässig, da die Staatsanwaltschaft die Taten, nicht jedoch die verdächtigten Personen bewertet.
  • Ihre Verwendung in Sachverhalten in Strafanzeigen, Vermerken, Zwischenberichten ist ausnahmsweise zulässig,
    • wenn das Merkmal konkret ermittlungs- oder fahndungsfördernde Anhaltspunkte liefert, z. B. Aufenthaltsort oder Bandenstruktur. Die Zuordnung sollte immer nur anhand verbindlicher Kriterien bzw. Anleitungen und nur von entsprechend geschulten Beamtinnen und Beamten vorgenommen werden. Ein sog. „Racial Profiling“ muss unbedingt vermieden werden;
    • wenn die Kenntnis der ethnischen Zugehörigkeit der Opfer und/oder Tatverdächtigen bei Verdacht einer aus fremdenfeindlichen oder rassistischen Motiven begangenen Straftat (§ 130 StGB) für deren exakte Beurteilung relevant ist.
  • Ihre Verwendung als Selbstzuschreibungen der Betroffenen oder als wörtliche Wiedergabe von Aussagen Dritter, etwa in Vernehmungsprotokollen oder Gutachten, ist zulässig.

Die Kenntnis der ethnischen Zugehörigkeit verdächtiger oder geschädigter Personen ist also regelmäßig für die polizeiliche Arbeit nicht erforderlich und allenfalls in Ausnahmefällen zulässig. Hinsichtlich all dieser Ausnahmetatbestände trägt die Polizei die Beweislast.


Soweit die Polizei die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung zu Sinti und Roma für ihre Aufgabenerfüllung in den geprüften Fällen nicht nachweisen konnte, hat die Datenschutzaufsicht eine Beanstandung ausgesprochen. Zudem wurde die Polizei um selbstständige Prüfung der sonstigen polizeilichen Datenbestände auf rechtswidrige Datenverarbeitung im Zusammenhang mit der Ethnie der Sinti und Roma sowie ggfs. um entsprechende Bereinigung dieser Datenbestände gebeten.

Quelle: BInBDI

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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