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08.08.2021

Datenverarbeitung durch Notare

Im Rahmen von Immobilienverkäufen werden durch Notarinnen und Notare nicht nur personenbezogene Daten der Vertragsbeteiligten verarbeitet, sondern regelmäßig auch Daten von Mieter*innen der verkauften Wohnung. Hintergrund ist, dass den notariell zu beurkundenden Immobilienkaufverträgen als Anlage oftmals Unterlagen zur Mietwohnung beigefügt werden. Bei einem sog. Paketverkauf, bei dem mehrere Immobilien gleichzeitig mit einem Kaufvertrag verkauft werden, sind dementsprechend oftmals zahlreiche Mieter*innen betroffen. Im Zusammenhang mit solchen Paketverkäufen von Wohnimmobilien haben die Datenschutzaufsicht mehrere Beschwerden über Notare erreicht.

Die Notare hatten im Rahmen der Beurkundung und Abwicklung der Paketverkäufe von großen Wohnkomplexen Kaufvertragsunterlagen mit umfangreichen personenbezogenen Daten an alle Mieterinnen und Mieter der Wohnhäuser übersandt, um diese über das Bestehen eines Vorkaufsrechts zu informieren. Die Kaufvertragsparteien hatten die Notare damit beauftragt, die vorkaufsberechtigte Mieterschaft über den Verkauf der Immobilien zu unterrichten und sie förmlich aufzufordern, sich zu ihrem Vorkaufsrecht zu äußern. Zur Erfüllung dieses Auftrags wandten sich die Notare mit einem Schreiben an die Vorkaufsberechtigten und sandten gleichzeitig Ausfertigungen des Kaufvertrags einschließlich zahlreicher Anlagen an die Mieter*innen. Beigefügt waren z. B. Mieter-, Kautions- und Saldenlisten, die u.a. die Namen sowie Kontonummern aller Mieterinnen und Mieter eines Wohnhauses, den jeweils zu zahlenden Mietzins, die Höhe der eingezahlten Kautionen und Informationen über Mietrückstände enthielten. In den Mieter*innenlisten war zum Teil sogar vermerkt, welche Personen unter gesetzlicher Betreuung stehen, sodass Rückschlüsse auf deren Gesundheitszustand gezogen werden konnten. Da die Notare allen vorkaufsberechtigten Personen die gleichen Unterlagen zukommen ließen und sie die Daten zu den jeweils anderen Mieter*innen nicht unkenntlich machten, erlangten die Nachbar*innen zum Teil äußerst sensitive Informationen übereinander.

Die handelnden Notare waren als Verantwortliche der genannten Datenverarbeitungen anzusehen und nicht lediglich als Auftragsverarbeiter. Denn bei der von Gesetzes wegen zwingenden Beauftragung eines Notars im Zusammenhang mit dem Abschluss von Immobilienverträgen handelt es sich nicht um eine weisungsgebundene Verarbeitung, sondern um die Inanspruchnahme fremder Fachleistung bei einer oder einem Verantwortlichen. Notarinnen und Notare haben im Rahmen ihrer Tätigkeit grundsätzlich wesentliche eigene Entscheidungsspielräume in Bezug auf den Zweck und die Mittel der Datenverarbeitung. Auch in den von uns geprüften Fällen erschöpfte sich die Tätigkeit der Notare weder in der bloßen Beurkundungstätigkeit noch lag eine reine Vollzugstätigkeit vor. Vielmehr umfasste die Beauftragung durch die Kaufvertragsparteien darüber hinausgehende Aufgaben im Zusammenhang mit der Vertragsabwicklung.

Für die Übermittlung der Daten der Mieterinnen und Mieter durch die Notare an sämtliche vorkaufsberechtigten Personen gibt es keine Rechtsgrundlage. Insbesondere konnten die Notare sich bei der Datenverarbeitung nicht darauf berufen, dass diese zur Erfüllung einer eigenen rechtlichen Verpflichtung erforderlich war. Des Weiteren konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die Datenübermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der Verantwortlichen oder Dritter erforderlich und zugleich als schwerwiegender anzusehen gewesen wäre als die datenschutzbezogenen Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der davon betroffenen Personen. Die gesetzlich geregelte Pflicht, bei Eintritt des Vorkauffalls die Mieterinnen und Mieter über ihr Vorkaufsrecht zu unterrichten und ihnen den Inhalt des jeweiligen Kaufvertrags mitzuteilen, stellt keinen Grund dar, ihnen auch die sensitiven Daten der anderen Mieter*innen zu übermitteln. Erforderlich ist lediglich, dass die vorkaufsberechtigten Personen Kenntnis von den mit den Drittkäufern vereinbarten Gegenleistungen erhalten.

Daten zu anderen Personen, die für eine sachgerechte Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts keinerlei Bedeutung haben, dürfen nicht übermittelt werden. Notarinnen und Notare müssen im Rahmen der notariellen Begleitung von immobilienrechtlichen Kaufverträgen insoweit Sorge dafür tragen, dass die personenbezogenen Daten der Mieterinnen und Mieter datenschutzkonform verarbeitet werden. Hierzu gehört auch, dass sie bei vertraglicher Übernahme der Unterrichtungs- sowie Mitteilungspflichten die datenschutzgerechte Ausführung dieser Pflichten gewährleisten. Dies kann z. B. durch Übersendung individueller Vertragsausfertigungen an die jeweils vorkaufsberechtigten Mieter*innen erfolgen, bei denen die personenbezogenen Daten der anderen Mieter*innen unkenntlich gemacht werden.

Da die geprüften Fälle weitreichende Bedeutung für die Tätigkeit der Notarinnen und Notare hatten, hat sich die Datenschutzaufsicht an die Notarkammer Berlin gewandt, um praktikable Lösungen und Handlungsempfehlungen zu erörtern. Die Kammer hat mitgeteilt, dass einige Gutachten des Deutschen Notarinstituts die Auffassung der Datenschützer stützen. Da sie die Rechtslage jedoch für noch nicht abschließend geklärt hielt, hat sie ein eher zurückhaltendes Rundschreiben an die Berliner Notarinnen und Notare formuliert.


Notarinnen und Notare sollten bereits bei der Gestaltung von Immobilienkaufverträgen darauf achten bzw. darauf hinwirken, dass nur solche personenbezogenen Daten dem zu beurkundenden Kaufvertrag hinzugefügt werden, die für die Abwicklung des Vertrags sowie die Wahrnehmung rechtlicher Pflichten tatsächlich erforderlich sind. Sie müssen auch dafür sorgen, dass keine personenbezogenen Daten an vorkaufsberechtigte Mieterinnen und Mieter übermittelt werden, die für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht erforderlich sind. Dies kann bspw. durch die Schwärzung solcher Daten vor der Übersendung von Unterlagen erfolgen.

Quelle: BInBDI

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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