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14.07.2025

Messengerdaten im Disziplinarverfahren

Datenschutzverstoß bei Autostrade per l’Italia: Messenger-Screenshots für Disziplinarmaßnahme

Im Mai 2025 hat die italienische Datenschutzbehörde (Garante per la protezione dei dati personali) ein Bußgeld in Höhe von 420.000 € gegen das Unternehmen Autostrade per l’Italia verhängt. Grund: Das Unternehmen hatte Screenshots von Messenger-Nachrichten (WhatsApp) und Facebook-Posts verwendet, um gegen eine Mitarbeiterin disziplinarisch vorzugehen.

Rechtslage und Bewertung

1. Keine gültige Rechtsgrundlage

  • Das Unternehmen berief sich auf berechtigte Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO.

  • Eine dokumentierte Interessenabwägung lag nicht vor.

  • Die Behörde entschied, dass diese Grundlage hier nicht greift. Die Eingriffsintensität war nicht gerechtfertigt.

2. Verstoß gegen die Grundsätze der Verarbeitung

  • Art. 5 Abs. 1 DSGVO verletzt: insbesondere Rechtmäßigkeit, Zweckbindung, Datenminimierung.

  • Die Herkunft der Daten (Zuspielung durch Dritte) spielt keine Rolle. Maßgeblich ist die Nutzung durch den Arbeitgeber.

  • Die Behörde wies nach, dass die Informationen nicht erforderlich waren. Das Disziplinarverfahren hätte auch ohne sie geführt werden können.

3. Eingriff in das Privatleben

  • Nach italienischem Arbeitsrecht (Art. 113 Codice Privacy) dürfen Arbeitgeber das Privatleben von Beschäftigten nur bei konkretem arbeitsrechtlichem Bezug prüfen.

  • Die übermittelten Nachrichten stammten aus rein privaten Konversationen.

  • Die Nutzung war nicht nur rechtswidrig, sondern auch exzessiv.

Was Unternehmen jetzt konkret umsetzen sollten

I. Interne Vorgaben schaffen

  • Dienstvereinbarungen zum Umgang mit dienstlichen und privaten Kommunikationsmitteln.

  • Regelungen, wie und wann private Daten in arbeitsrechtlichen Verfahren verwendet werden dürfen – falls überhaupt.

II. Entscheidungen dokumentieren

  • Jede Verarbeitung personenbezogener Daten muss begründet und dokumentiert werden.

  • Bei berechtigten Interessen ist eine strukturierte Interessenabwägung erforderlich (Empfehlung: nach dem Modell der Datenschutzkonferenz).

III. Mitarbeiterschulungen durchführen

  • Personalabteilung und Führungskräfte müssen wissen, dass:

    • Nicht jede Information aus Social Media verwertbar ist.

    • Private Inhalte besonders geschützt sind.

    • Datenschutz auch im Arbeitsverhältnis gilt.

IV. Grundsätze beachten

Grundsatz Was er konkret verlangt
Rechtmäßigkeit Klar definierte, rechtlich zulässige Zwecke
Transparenz Mitarbeiter müssen über Zwecke informiert sein
Datenminimierung Nur erforderliche Informationen verarbeiten
Zweckbindung Keine Nutzung für andere als die angegebenen Zwecke

V. Datenschutzbeauftragten einbeziehen

  • Frühzeitig in Prozesse einbinden, wenn:

    • disziplinarische Maßnahmen geplant sind,

    • externe Informationen einbezogen werden,

    • Zweifel über Zulässigkeit der Datenverwendung bestehen.

VI. Alternativen prüfen

  • Vor jeder Maßnahme muss geprüft werden:

    • Gibt es andere Beweismittel?

    • Kann der Sachverhalt arbeitsrechtlich auch ohne personenbezogene Daten geklärt werden?

    • Ist die Maßnahme verhältnismäßig?

 

Sind Sie sicher, ob Ihr Unternehmen oder Behörde im Hinblick auf Datenschutz und Datensicherheit optimal aufgestellt ist?

Lassen Sie sich unverbindlich von einem Datenschutzbeauftragten beraten.

Kontakt aufnehmen

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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