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05.07.2022

Beschlussvorlage und Niederschrift

Personenbezogene Daten in Beschlussvorlagen und Niederschriften

Viele Bürgerinnen und Bürger beschweren sich darüber, dass ihre Gemeinden Unterlagen im Ratsinformationssystem veröffentlicht hatten, die ihre personenbezogenen Daten enthielten und eigentlich für die Beratungen in den Gemeindevertretungen gedacht waren. Die große Anzahl solcher Beschwerden nimmt die Datenschutzaufsicht zum Anlass, die Rechtslage erneut darzustellen.

Die Befugnis zur Weitergabe personenbezogener Daten in Sitzungsunterlagen an die Gemeindevertretung ergibt sich in den meisten Fällen aus Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e und Absatz 3 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Verbindung mit § 5 Brandenburgisches Datenschutzgesetz und § 54 Absatz 1 Nummern 1 und gegebenenfalls 2 sowieAbsatz 2 Brandenburgische Kommunalverfassung (BbgKVerf). Danach dürfen der Gemeindevertretung personenbezogene Daten – beispielsweise als Anlage zu Beschlussvorlagen – zur Verfügung gestellt werden, soweit dies für die Beschlussvorbereitung oder die Information der Gemeindevertretung sowie gegebenenfalls zur späteren Ausführung der Beschlüsse erforderlich ist. Personenbezogene Daten, die über den erforderlichen Umfang hinausgehen, dürfen nicht Bestandteil der Sitzungsunterlagen werden. Das Prinzip der Datensparsamkeit gilt auch für die Abfassung der Formblätter der Beschlussvorlagen.

Soweit Angelegenheiten in öffentlicher Sitzung behandelt werden, besteht vor der Sitzung nach § 36 Absatz 4 BbgKVerf ein allgemeines Recht, die Beschlussvorlagen der in öffentlicher Sitzung zu beratenden Tagesordnungspunkte einzusehen. Da Tagesordnungspunkte, bei denen persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse bestimmbarer natürlicher Personen öffentlich gemacht würden (beispielsweise individuelle Grundstücksangelegenheiten, arbeitsrechtliche Fragen oder die Teilnahme an Bieterverfahren), grundsätzlich in den nicht öffentlichen Sitzungsteil gehören, wird, neben der datensparsamen Erstellung der Formblätter, ein weiterer gewichtiger Teil der personenbezogenen Daten in Beschlussvorlagen der Einsichtnahme nach § 36 Abs. 4 BbgKVerf entzogen. Diese Daten stehen in der Regel nur den Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertretern zum Zweck ihrer Aufgabenerfüllung zur Verfügung. Diese unterliegen insoweit der Verschwiegenheitspflicht nach § 21 BbgKVerf.

Für die Veröffentlichung personenbezogener Daten in Sitzungsunterlagen außerhalb des Anwendungsbereichs von § 36 Absatz 4 BbgKVerf gilt Folgendes: Werden diese ohne Personenbezug veröffentlicht, ist dies datenschutzrechtlich völlig unproblematisch. Für die Veröffentlichung personenbezogener Daten in Sitzungsunterlagen, die nicht Beschlussvorlagen sind, besteht zwar keine unmittelbare gesetzliche Rechtsgrundlage. Nach § 13 BbgKVerf unterrichtet die Gemeinde die betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner aber als eigene Aufgabe in wichtigen Gemeindeangelegenheiten. Die Zulässigkeit der Veröffentlichung bemisst sich daher nach dem bereits erwähnten Grundsatz der Erforderlichkeit zur Information der Einwohnerinnen und Einwohner. Sie ist danach zulässig, sofern ausschließlich die zum Verständnis unbedingt erforderlichen personenbezogenen Daten enthalten sind.

In jedem Einzelfall sind dabei die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen sorgfältig zu prüfen. Die Namen der betroffenen Personen stellen in aller Regel keine Information dar, die für das Verständnis des Sachverhalts notwendig sind. Besondere gesetzliche Geheimhaltungspflichten wie das Sozial- und Steuergeheimnis sowie die ärztliche Schweigepflicht stehen einer Veröffentlichung in jedem Fall entgegen. Soweit die Unterlagen sich auf einen nicht öffentlich beratenen Tagesordnungspunkt beziehen, ist die personenbezogene Veröffentlichung grundsätzlich zu unterlassen. Insgesamt wird die Erforderlichkeit, personenbezogene Daten in einem Ratsinformationssystem für die Öffentlichkeit bereitzustellen, nur in wenigen Ausnahmefällen zu erkennen sein. Dies bringt es mit sich, dass dann Schwärzungen erfolgen müssen, bevor die Sitzungsunterlagen der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden können.

Nach § 39 Absatz 3 BbgKVerf sind Beschlüsse der Gemeindevertretung oder deren wesentlicherInhalt in ortsüblicherWeise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, soweit nicht im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Wohls oder zur Wahrung von Rechten Dritter etwas anderes beschlossen wird. Daraus folgt die Pflicht, Beschlüsse vor der Veröffentlichung so weit zu anonymisieren, wie ihr wesentlicher Inhalt, also die Tragweite des Beschlusses, noch erkennbar bleibt. In jedem Fall zu anonymisieren sind personenbezogene Daten in Beschlüssen, zu deren Schutz bereits der Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt war. Die Prüfung, ob ein Beschluss zu kürzen ist, ist aber auch dann erforderlich, wenn Beschlüsse in öffentlicher Sitzung getroffen wurden, ausnahmsweise aber personenbezogene Daten enthalten.

Ähnlich wie im Falle der Sitzungsunterlagen enthält die Brandenburgische Kommunalverfassung keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung der Niederschriften. Eine Verpflichtung hierzu gibt es also nicht. Wiederum ist die Gemeinde allerdings nach § 13 BbgKVerf verpflichtet, die Einwohnerinnen und Einwohner in wichtigen Gemeindeangelegenheiten zu unterrichten, sodass auch die Veröffentlichung personenbezogener Daten in der Niederschrift bei Erforderlichkeit zu diesem Zweck nicht ausgeschlossen ist.

Nach § 42 Absatz 1 BbgKVerf muss die Niederschrift einer Sitzung der Gemeindevertretung einen gewissen Mindestinhalt aufweisen – beispielsweise die Namen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dazu gehören jedoch ausschließlich solche Personen mit einem aktiven Teilnahmerecht im kommunalverfassungsrechtlichen Sinn.

Die Veröffentlichung von Niederschriften mit dem beschriebenen – auch personenbezogenen – Mindestinhalt ist unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung der Gemeinde (Unterrichtung der Einwohnerinnen und Einwohner nach § 13 Satz 1 BbgKVerf) immer zulässig. Dazu gehört auch die Zuordnung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu deren Beiträgen und Wortmeldungen. Nur so können die Interessierten das Handeln der Gemeindevertretung sowie der Verwaltung verstehen und ihre Wahlentscheidung treffen.

Weitere personenbezogene Daten können nur aufgenommen werden, wenn dies zur Unterrichtung der Einwohnerinnen und Einwohnerim Einzelfall erforderlich ist. In den meisten Fällen ist es das nicht. Beispielsweise spielt es keine Rolle, welche Bürgerinnen oder Bürger über die genannten, offiziellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer hinaus an einer Gemeindevertretersitzung teilgenommen haben. Entsprechende Anwesenheitslisten dürfen in der Regel nicht Inhalt der Niederschrift werden. Auch ist die namentliche Bezeichnung von Bürgerinnen und Bürgern, die sich im Rahmen einer Einwohnerfragestunde zu Wort gemeldet haben, für das Verständnis der Angelegenheit in aller Regel irrelevant. Soweit die Namen bzw. Anschriften der Fragestellenden für eine spätere Beantwortung erforderlich sein sollten, ist dies separat und nicht in der Niederschrift zu vermerken.

In den meisten bearbeiteten Fällen haben die Gemeinden es versäumt, zwischen den Voraussetzungen für die Weiterleitung von personenbezogenen Sitzungsunterlagen an die Gemeindevertretung und an die Öffentlichkeit über das Ratsinformationssystem zu unterscheiden. Oftmals stellten sie dieselben Dokumente zuerst den Vertretungen und anschließend unverändert der Öffentlichkeit zur Verfügung, ohne zu berücksichtigen, dass für diese beiden Schritte unterschiedliche Voraussetzungen bestehen. Allerdings gelang es in diesen Fällen, die datenschutzgerechte Schwärzung der Unterlagen zu erreichen, da die jeweiligen Gemeinden selbst gar keinen Grund für eine personenbezogene Veröffentlichung sahen.

Quelle: Landesbeauftragte für Datenschutz und Akteneinsicht Brandenburg

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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