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20.10.2023

Beglaubigtes Ausweiskopie

Anforderung einer beglaubigten Ablichtung eines Ausweisdokuments bei Auskunftsersuchen

Ein Petent trug bei der Datenschutzaufsicht vor, dass eine Staatsanwaltschaft, die er um Auskunft über seine Daten nach § 491 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) in Verbindung mit § 57 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gebeten habe, eine beglaubigte Ablichtung seines Personalausweises oder anderen Ausweisdokumentes angefordert hatte, um sicherzustellen, dass Auskünfte nicht an eine unberechtigte Person erteilt würden. Die von mir um Stellungnahme gebetene Staatsanwaltschaft bestätigte diese Darstellung und verwies auf eine Rundverfügung des Generalstaatsanwalts des Freistaates Sachsen vom Januar 2020, die unter anderem die Anforderung eines Legitimationsnachweises bei Auskunftserteilung bestimmte:

„Die besondere Sensibilität der in den Staatsanwaltschaften verarbeiteten Daten erfordert einen ausreichenden Legitimationsnachweis des Antragstellers. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 59 Abs. 5 BDSG steht diese Vorschrift dem nicht entgegen. In der Regel setzt daher die Erteilung von Auskünften einen schriftlichen Antrag und die Vorlage einer beglaubigten Ablichtung eines amtlichen Personaldokuments durch den Antragsteller voraus.“ Jede Verarbeitung personenbezogener Daten muss auf rechtmäßige Weise, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und in einer für die betroffenen natürlichen Personen nachvollziehbaren Weise erfolgen. Die Daten dürfen nur für bestimmte, durch Rechtsvorschriften geregelte Zwecke verarbeitet werden. Die Anforderung einer beglaubigten Ablichtung eines amtlichen Ausweisdokuments stellt zweifelsfrei eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar und bedarf einer Rechtsgrundlage. Die hier einschlägige gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Anforderung eines Identitätsnachweises ist § 59 Abs. 4 BDSG, wonach der Verantwortliche die Möglichkeit erhält, bei begründeten Zweifeln an der Identität des Antragstellers zusätzliche Informationen anzufordern, die zur Bestätigung der Identität der betroffenen Person erforderlich sind. Ohne besonderen Anlass für Zweifel darf die auskunftspflichtige Behörde damit allerdings keinen Identitätsnachweis von einem Antragsteller verlangen. In der – hier nicht zur Anwendung kommenden – Datenschutz-Grundverordnung ist dies entsprechend in Art. 12 Abs. 6 geregelt. Die in der oben genannten Rundverfügung der Generalstaatsanwaltschaft angesprochene gesetzgeberische Intention, dass § 59 Abs. 4 BDSG die bisherige Praxis, „den Nachweis der Identität auch weiterhin als Grundvoraussetzung für die Antragstellung anzusehen“, nicht ändern soll, ist nicht mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar. § 59 Abs. 4 BDSG ermöglicht keine routinemäßige Identitätsprüfung.

So entschied jüngst das Verwaltungsgericht Berlin, dass der Beklagte (Amtsgericht Tiergarten) vom Antragsteller keinen Identitätsnachweis einfordern dürfe, da die Anschrift des Antragstellers dem Gericht schon seit Längerem bekannt war. Außerdem fehle jeder Anhaltspunkt dafür, dass ein Dritter Interesse an der begehrten Auskunft haben könnte und deshalb unter Benutzung einer falschen Identität die Auskunft erschleichen könnte. Schließlich sei zu beachten, dass der Beklagte durch eine förmliche Zustellung seines Auskunftsschreibens dessen Fehlleitung unterbinden könne (Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 31.08.2020 – 1 K 90.19). Verbleiben begründete Zweifel an der Identität des Antragstellers, muss der Verantwortliche bei der Festlegung der Art und Weise der Identitätsfeststellung verhältnismäßig vorgehen. Das Auskunftsrecht ist neben der Informationsund Benachrichtigungspflicht das zentrale Betroffenenrecht, welches jeder natürlichen Person voraussetzungslos zusteht. Seine herausgehobene Stellung zeigt sich auch darin, dass der Verantwortliche die Auskunft grundsätzlich unentgeltlich zu erteilen hat, § 59 Abs. 3 BDSG. Die Anforderung einer beglaubigten Ablichtung eines amtlichen Ausweisdokuments ist mit dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit nicht vereinbar. Zwar verlangt die Staatsanwaltschaft für die Auskunftserteilung keine Verwaltungsgebühr, gleichwohl wird für die Antragsbearbeitung eine beglaubigte Abschrift eines amtlichen Ausweisdokuments vorausgesetzt, was für den Betroffenen – neben dem Aufwand, sich eine solche Ablichtung zu beschaffen – Kosten verursacht und so zu einer nicht mehr vertretbaren Hürde zur Ausübung des Betroffenenrechts führt.

Das Anfordern einer einfachen Kopie des Personalausweises hingegen ist verhältnismäßig und unter Beachtung gewisser Rahmenbedingungen datenschutzrechtlich vertretbar. So ist gemäß § 20 Abs. 2 Satz 3 Personalausweisgesetz (PAuswG) eine datenschutzrechtliche Einwilligung der betroffenen Person zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten aus dem Personalausweis erforderlich. Dementsprechend ist der Betroffene bei der Bitte um Zusendung einer Kopie seines Personalausweises um eine Einwilligung zu ersuchen, die insbesondere kurz erläutert, dass ohne Identifizierung keine Auskunft nach § 57 BDSG erfolgen kann, dass die Berechtigung zur Identifizierung aus § 59 Abs. 4 BDSG folgt und worin der Zweck der Anforderung der Kopie besteht. Bei der Anforderung der Personalausweiskopie ist dem Betroffenen ebenso mitzuteilen, dass solche Angaben auf der Kopie geschwärzt werden können, die für die Identitätsfeststellung nicht erforderlich sind (Grundsatz der Datenminimierung). In der Regel sind Vorname, Name, Anschrift, gegebenenfalls zur Vermeidung von Verwechslungen bei möglicher Namensgleichheit auch Geburtsdatum und -ort, nicht aber Lichtbild, Augenfarbe, Größe, Serien- oder Zugangsnummer des Ausweises erforderlich. Die Kopie muss gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 PAuswG als solche gekennzeichnet sein und unterliegt einer strengen Zweckbindung, das heißt, sie darf nur zur Identifizierung im Rahmen der Auskunftserteilung verwendet werden. Danach ist sie unwiederbringlich zu vernichten oder dem Betroffenen zurückzugeben. Vorstehendes kann sinngemäß auf die Kopie des Reisepasses übertragen werden. Die Generalstaatsanwaltschaft wurde gebeten, daher die oben zitierte Passage der Rundverfügung des Generalstaatsanwalts des Freistaates Sachsen vom Januar 2020 zeitnah unter Berücksichtigung der Anregungen abzuändern. Dem ist die Generalstaatsanwaltschaft unverzüglich nachgekommen.

Was ist zu beachten? Im Rahmen einer Auskunftserteilung ist die Anforderung einer beglaubigten Ablichtung eines amtlichen Ausweisdokuments der Antragstellerin bzw. des Antragstellers unverhältnismäßig.

Quelle: SDTB

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