Zunehmend beschweren sich vermehrt Bürgerinnen und Bürger über Datenschutzverstöße bei Bebauungsplanverfahren. Bei festgestellten Verstößen wurden Verwarnungen ausgesprochen.
Bereits zum Jahreswechsel gingen bei mir die ersten Beschwerden zum Baurecht ein. Die Betroffenen erklärten, dass eine Kommune ihre Vornamen, Namen, Straße, Hausnummer, Wohnort und Unterschriften im Internet veröffentlicht habe. Weitere Hinweise auf ähnliche Datenschutzverstöße hat die Datenschutzaufsicht über das Jahr verteilt erhalten. In den meisten Fällen wurden Daten über die Webseiten oder den öffentlichen Teil der Ratsinformationssysteme (RiS) der Kommunen veröffentlicht.
Beteiligung der Öffentlichkeit – Schwärzungen versäumt
Hintergrund war in allen Fällen, dass nach dem Baugesetzbuch (BauGB) die Öffentlichkeit möglichst frühzeitig an der Planung von Bauvorhaben zu beteiligen ist (§ 3 BauGB). Im Rahmen dieser Beteiligung besteht die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben (§ 3 Abs. 2 BauGB). Hiervon hatten die Betroffenen Gebrauch gemacht.
Für die Beschlussfassung werden den Ratsmitgliedern die Inhalte der eingegangenen Stellungnahmen zur Verfügung gestellt und mit Hinweisen der Kommune versehen. Hierfür wird meist das RiS genutzt. Dort werden die Einladungen zu den Sitzungen mit den dazugehörigen Anlagen bereitgestellt. In den meisten vorliegenden Fällen wurde versäumt, die erforderlichen Schwärzungen vorzunehmen. Fast alle Kommunen haben die fehlerhaften Dokumente entweder selbstständig, nach Meldung einer Datenschutzverletzung oder auf der Behörde Hinweis hin sofort entfernt und durch neue, datenschutzkonforme ersetzt.
Prüfung von Stichproben
Aufgrund der stark angestiegenen Beschwerdezahl in diesem Bereich wurden stichprobenartig die auf den Webseiten bzw. im öffentlichen Teil der RiS vorhandenen Dokumente zu Bauleitverfahren überprüft. In fast allen geprüften Dokumenten wurden die datenschutzrechtlichen Anforderungen berücksichtigt. Bei Auffälligkeiten nahm die Behörde mit der betroffenen Kommune Kontakt auf. Dies hatte fast immer zur Folge, dass die Dokumente angepasst wurden.
Namensnennung im öffentlichen Interesse?
Eine Kommune teilte allerdings mit, dass sie nicht beabsichtige, Schwärzungen vorzunehmen. Begründet wurde dies damit, dass es sich bei der öffentlichen Beteiligung im Bauleitverfahren um einen demokratischen Meinungsbildungsprozess handele, bei dem der Datenschutz des Einzelnen nicht der ausreichenden Information und Handlungsfähigkeit der Vertretung sowie der Öffentlichkeit übergeordnet ist. Dies ergäbe sich bereits aus der angeordneten Beteiligung der Öffentlichkeit. Von Personen, die sich an der Aufstellung von Ortsrecht beteiligen, könnten auch Vor- und Nachnamen sowie die Anschrift veröffentlicht werden, da dies für die Entscheidungsfindung des Rates von Bedeutung sein kann.
Diesen Ausführungen konnte nicht ohne Weiteres folgen, zumal außer dieser allgemeinen Betrachtung keine Rechtsgrundlagen genannt wurden, die die Verarbeitung hätten rechtfertigen können. Es ergaben sich somit Zweifel, ob die Grundsätze der Verarbeitung (Art. 5 Abs. 1 DSGVO), insbesondere die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung, eingehalten wurden. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die Verarbeitung werden in Art. 6 DSGVO benannt. Kommunen haben zu berücksichtigen, dass es grundsätzlich einer Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten bedarf (Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 DSGVO). Das sogenannte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt besteht unter der DSGVO fort.
Kommune folgt Argumentation der LfD
Der Fall wurde zum Anlass, von der Kommune eine Stellungnahme nach § 20 Abs. 2 Niedersächsisches Datenschutzgesetz (NDSG) anzufordern. Bei diesem förmlichen Verfahren wird auch die zuständige Rechts- oder Fachaufsichtsbehörde (also entweder das Niedersächsische Innenministerium oder der jeweilige Landkreis) der Kommune beteiligt. In der Aufforderung zur Stellungnahme wies die Datenschutzaufsicht darauf hin, dass eine Veröffentlichung personenbezogener Daten von Personen, die eine Stellungnahme im Bauleitverfahren abgeben, weder vom BauGB noch vom NDSG erlaubt wird. Auch enthält das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz keine entsprechende Erlaubnis. Das BauGB sieht zwar eine Internetveröffentlichung des Bebauungsplanes mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung vor (§ 10 Abs. 2 BauGB), jedoch umfasst diese nur die Erläuterung der Sachargumente im Rahmen des Abwägungsprozesses (§ 10 Abs. 1 BauGB). Damit war bereits die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nicht gegeben und keine weitergehende Prüfung nötig.
Zwischenzeitlich hat die betroffene Kommune mitgeteilt, dass sie der Argumentation folgt und die Vorlagen an die datenschutzrechtlichen Erfordernisse anpasst.
Quelle: LfD Niedersachsen
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