Antrag auf Auskunftserteilung nur gegen Kostenübernahme?
Die erstmalige Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung der beantragenden betroffenen Person ist grundsätzlich unentgeltlich durch den Verantwortlichen zu erteilen. Kosten können seitens des Verantwortlichen nur bei unbegründeten oder exzessiven Anträgen verlangt werden. Hierfür trägt der Verantwortliche die Beweislast. Eine Kostentragung der betroffenen Personen ergibt sich auch aus der Beantragung von weiteren Datenkopien, welche jedoch nicht die erste Datenkopie beinhaltet.
Im Juni 2019 erreichten den Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (TLfDI) über hundert Beschwerden zu einer Rechtsanwaltskanzlei. Gläubiger aus einem Insolvenzverfahren hatten gegenüber dieser Rechtsanwaltskanzlei einen Formularantrag zur Auskunftserteilung nach Art. 15 DatenschutzGrundverordnung (DSGVO) gestellt. Die Anwaltskanzlei hatte diese Antragsteller angeschrieben und den Eindruck vermittelt, dass die Auskunft nach Art. 15 DSGVO Kosten verursachen könnte. Dem Schreiben war ein entsprechender Antwortbogen beigefügt. Darin wurde die geforderte Auskunft für gegenstandslos erklärt. Weiterhin wurde eine Kostentragungspflicht durch den Antragsteller abgelehnt und gleichzeitig wurde mit der Rücksendung des Antwortbogens die Kanzlei stattdessen beauftragt eine Auskunft nach Art. 15 DSGVO bei dem insolventen Unternehmen zu beantragen. Sofern der Antwortbogen nicht zurückgesendet werden würde, erfolge eine Prüfung und Bearbeitung, auch wenn hierdurch nicht unerhebliche Kosten nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO entstehen könnten. Die Betroffenen wandten sich deswegen an den TLfDI und fragten an, ob hier tatsächlich Kosten für die beantragte Auskunft verlangt werden könnten. Die Verunsicherung war sehr groß.
Der TLfDI musste in diesem Fall unverzüglich tätig werden, da die Rechtsanwaltskanzlei die Rücksendung des Antwortbogens innerhalb einer kurzen Frist vorsah. Mit der Vorgehensweise der Rechtsanwaltskanzlei sollten die Betroffenenrechte nach der DSGVO umgangen werden. Dem nicht unerheblichen Arbeitsaufwand hinsichtlich einer zu erteilenden Auskunft in einem Verfahren mit tausenden von Gläubigern sollte daneben ebenfalls entgangen werden. Auch wenn die Formulierung im Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei im Konjunktiv erfolgte, wurde hier den betroffenen Personen eine Kostentragungspflicht für die zu erteilende Auskunft suggeriert. Dabei wurden diese bewusst irregeführt und durch die Notwendigkeit der Rücksendung des Antwortbogens zur Aufgabe ihrer Rechte gebracht. Darin ist ein gravierender Verstoß gegen die DSGVO zu sehen. Mittels kostenpflichtiger Anordnung wurden die Rechtsanwälte dazu verpflichtet, die erstmalige Auskunft nach Art. 15 DSGVO unentgeltlich gegenüber den Betroffenen zu erteilen.
Nach Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DSGVO hat die Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich unentgeltlich zu erfolgen. Nur bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anträgen kann der Verantwortliche für die Auskunft ein angemessenes Entgelt verlangen. Bei einer erstmaligen Auskunftserteilung nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Ein hoher Bearbeitungsaufwand aufgrund der Anzahl der eingehenden Anträge führt nicht dazu, dass es sich um einen exzessiven Antrag jeder einzelnen Person handelt. Da die Rechtsanwälte zum Teil Gläubiger in dem Insolvenzverfahren bereits mit einem Informationsschreiben angeschrieben hatten, war auch nicht von vornherein auszuschließen, dass diese die Daten der betroffenen Gläubiger verarbeiten würden. Ein unbegründeter Antrag war danach auch nicht gegeben. Die Kostenfolge konnte auch nicht mit Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DSGVO begründet werden. Dieser sieht vor, dass der Verantwortliche für jede weitere Datenkopie ein angemessenes Entgelt verlangen darf. Eine Datenkopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO wurde seitens der betroffenen Personen nicht beantragt und gefordert, sodass diese Kostenfolge auch ausgeschlossen war.
Aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnung wurden in der Folge seitens der Rechtsanwaltskanzlei die geforderten Auskünfte kostenfrei an die betroffenen Personen erteilt. Die sofortige Vollziehung wurde hier angeordnet, da es sich um einen sehr gravierenden Verstoß gegen die DSGVO handelte. Hier sollten durch die gewählte Formulierung der Rechtsanwälte die gesetzlich bestehenden Verpflichtungen umgangen werden. Ziel des Schreibens war offensichtlich, die betroffenen Personen dazu zu bringen, auf ihre Rechte zu verzichten. Dies bedeutet eine Vereitelung der gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten des Verantwortlichen und somit einen intensiven Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Personen. Allein aus diesem Umstand sollte der Verantwortliche nicht durch Einlegung eines Rechtsbehelfs erreichen, dass er bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung diese Verpflichtung nicht erfüllen muss. Die Auskunftserteilung wäre damit auf Eis gelegt – das wurde durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung vermieden. Hierdurch wurde den Betroffenen effizient zu ihrem Recht auf Auskunft verholfen.
Quelle: TLfDI
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