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11.03.2024

Aus für Werbetracking

Versteigerung von personenbezogenen Daten für Werbezwecke: der Gerichtshof stellt die Regeln auf Grundlage der DSGVO klar.

In einem aktuellen Urteil hat der Europäische Gerichtshof die Praktiken des Real Time Bidding (RTB) im Rahmen der digitalen Werbung auf Basis der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) überprüft und klargestellt. RTB ermöglicht es Werbeunternehmen, Datenbroker und Werbeplattformen, anonym und in Echtzeit auf Werbeflächen zu bieten, um personalisierte Werbung basierend auf Nutzerprofilen anzuzeigen. Für solche gezielte Werbung ist jedoch die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer erforderlich, welche ihre Daten für Marketing, Werbung oder den Austausch mit bestimmten Anbietern freigeben.

IAB Europe, ein Verband der digitalen Werbe- und Marketingindustrie, entwickelte ein System, um das RTB mit der DSGVO zu vereinbaren, indem Nutzerpräferenzen in einem sogenannten „Transparency and Consent String“ (TC-String) kodiert und gespeichert werden. Dieser TC-String, zusammen mit einem auf dem Nutzergerät gespeicherten Cookie, kann der IP-Adresse des Nutzers zugeordnet werden, wodurch eine Profilerstellung und Identifikation des Nutzers möglich wird.

Das Gericht stellte fest, dass der TC-String als personenbezogenes Datum im Sinne der DSGVO zu betrachten ist und IAB Europe daher als „gemeinsam Verantwortlicher“ für dessen Verarbeitung anzusehen ist. Dies bedeutet, dass IAB Europe Einfluss auf die Verarbeitung personenbezogener Daten hat und zusammen mit seinen Mitgliedern sowohl die Zwecke dieser Verarbeitungen als auch die verwendeten Mittel festlegt. Jedoch kann IAB Europe nur dann für Datenverarbeitungen, die nach der Speicherung der Einwilligungspräferenzen erfolgen, verantwortlich gemacht werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Verband Einfluss auf die Festlegung der Zwecke und Modalitäten dieser Verarbeitungen ausgeübt hat.

Die Konsequenzen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs bezüglich der Praxis des Real Time Bidding (RTB) und der Rolle von IAB Europe können tiefgreifend sein, sowohl für die digitale Werbebranche als auch für den Datenschutz der Nutzer. Hier sind einige der möglichen Auswirkungen:

  1. Strengere Einhaltung der DSGVO: Organisationen, die in der digitalen Werbung tätig sind, müssen sicherstellen, dass ihre Praktiken vollständig mit den DSGVO-Richtlinien übereinstimmen. Dies erfordert transparente und nachweisbare Zustimmungsmechanismen für die Verarbeitung personenbezogener Daten.
  2. Überarbeitung von RTB-Praktiken: Da der TC-String nun als personenbezogenes Datum gilt, müssen Werbeplattformen und Datenbroker ihre Ansätze überdenken, um sicherzustellen, dass sie die Privatsphäre der Nutzer respektieren. Dies könnte die Entwicklung neuer Technologien oder Verfahren zur Einholung der Nutzereinwilligung vor dem Bieten auf Werbeflächen umfassen.
  3. Mögliche Rechtsstreitigkeiten und Bußgelder: Organisationen, die die DSGVO-Anforderungen nicht einhalten, setzen sich dem Risiko von Untersuchungen durch Datenschutzbehörden, Rechtsstreitigkeiten und potenziell erheblichen Geldbußen aus. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Verantwortung dieser Organisationen im Umgang mit personenbezogenen Daten.
  4. Erhöhte Verantwortlichkeit und Transparenz: IAB Europe und ähnliche Organisationen müssen möglicherweise ihre Rolle und Verfahren überprüfen, um ihre Verantwortlichkeit zu erhöhen. Dies kann die Entwicklung detaillierterer Richtlinien zur Datenspeicherung, -verarbeitung und -freigabe sowie zur Einwilligung der Nutzer umfassen.
  5. Veränderungen im digitalen Werbemarkt: Langfristig könnte das Urteil zu Veränderungen im digitalen Werbemarkt führen, da Werbetreibende und Plattformen möglicherweise weniger auf personalisierte Werbung basierend auf umfangreichen Nutzerprofilen setzen können und stattdessen alternative Strategien entwickeln müssen, die die Privatsphäre stärker berücksichtigen.
  6. Verstärkter Schutz der Nutzerrechte: Für die Nutzer könnte das Urteil zu einem verstärkten Schutz ihrer Daten führen. Sie haben möglicherweise mehr Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten und darüber, wie diese für Werbezwecke verwendet werden, was zu einer transparenteren und sichereren Online-Umgebung führt.

Insgesamt fordert das Urteil die digitale Werbeindustrie auf, ihre Praktiken zu überdenken und an die strengen Datenschutzstandards der EU anzupassen, was zu einer Landschaft führt, in der der Schutz der Privatsphäre und die Einhaltung der Gesetze von zentraler Bedeutung sind.

Quelle: EuGH

Weiere Artikel dazu in den Medien:

Tagesschau: Datenschutz bei personenbezogener Online-Werbung gestärkt
WBS Rechtsanwwälte:EuGH stärkt Datenschutz bei personalisierter Werbung
Netzpolitik.Org: Europäischer Gerichtshof urteilt gegen Baustein der Werbeindustrie

Weitere unterstützende Hinweise zum Datenschutz finden Sie in diesen Beiträgen:

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