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25.06.2022

Anordnung gegen BKA

Erste Anordnung gegenüber dem BKA

Im Fall einer überlangen Speicherung hat der BfDI das erste Mal von meiner Anordnungskompetenz nach § 69 Abs. 2 Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) Gebrauch gemacht. Das BKA klagt dagegen.

Bereits vor mehreren Jahren hatte der Petent sich an den BfDI gewandt, da eine Sicherheitsüberprüfung bei ihm nicht erfolgreich verlaufen war. Das Bundeskriminalamt (BKA) erteilte ihm keine Auskunft. Die Überprüfung hatte ergeben, dass er polizeilich seit mehreren Jahrzehnten und beim BKA seit 1998 als sogenannte Kontakt- und Begleitperson in einer Datei gespeichert ist. Rechtsgrundlage für die Speicherung ist § 483 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO). Demnach darf die Strafverfolgungsbehörde personenbezogene Daten in einer Strafverfahrensdatei führen, „soweit dies für Zwecke des Strafverfahrens erforderlich ist“. Leider hat der Gesetzgeber diese Formulierung sehr weit gefasst. Das Bundesverfassungsgericht hat diesbezüglich entschieden, dass die Speicherung von Daten zu Dritten in Strafverfahren eine spezifische individuelle Nähe der betroffenen Person zu der aufzuklärenden Gefahr oder Straftat voraussetzt (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016, BVerfGE 141, 220 (274 f. Rn. 116)). Sehr ähnlich ist dies seit 2018 im BKAG (§19 Abs. 1 Nr. 3) formuliert. Auch in Dateien nach der StPO ist daher aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in verfassungskonformer Auslegung auf solche eingrenzenden Merkmale zu achten, vor allem über einen derart langen Zeitraum. Eine solche Nähe oder ein vergleichbarer Gesichtspunkt konnten vom BKA über einen langen Zeitraum nicht mehr dokumentiert werden, sodass die Speicherung der betroffenen Kontakt- und Begleitperson meines Erachtens unverhältnismäßig ist.

Die Auskunftsanfrage des Petenten beim BKA wurde mit Hinweis auf die Auskunftsverweigerungsgründe gem. § 57 Abs. 4 i.V.m. § 56 Abs. 2 BDSG abgewiesen. Bei seiner Prüfung kam der BfDI jedoch zu dem Schluss, dass dem Petenten ein Auskunftsrecht zusteht. Das BKA hatte keine tragfähigen Gründe benannt, nach denen die Aufgabenerfüllung und die öffentliche Sicherheit durch die Erteilung der Auskunft gefährdet wären.

Vor diesem Hintergrund hat der BfDI die Speicherung des Petenten als Kontakt- und Begleitperson sowie die unterlassene Beauskunftung gemäß § 16 Abs. 2 BDSG beanstandet. Schon zuvor hatte der Petent selbst gegen das BKA Klage auf Auskunft und Löschung seiner Daten erhoben. Die Beanstandung  des BfDI wurde vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) als Aufsichtsbehörde des BKA zurückgewiesen. Daher wurde nunmehr gegenüber dem BKA gemäß § 69 Abs. 2 BKAG angeordnet, den Datensatz des Petenten zu sperren, ihm eine Auskunft zu erteilen und nach Abschluss seines Klageverfahrens die Daten zu löschen. Das BMI bestreitet die Kompetenz des Bundesdatenschutzbeauftragten, eine Löschung anzuordnen und beruft sich insofern auf die Gesetzesbegründung zum BKAG. Der Ansicht des BfDI nach ist das BKAG an dieser Stelle jedoch europarechtskonform auszulegen. Die JI-Richtlinie sieht in Art. 47 Abs. 2 Buchstabe b) eine entsprechende Kompetenz für die nationalen Aufsichtsbehörden explizit vor („insbesondere durch die Anordnung der Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten“). Das BKA hat gegen die Anordnung Klage erhoben. Eine Entscheidung liegt noch nicht vor.

Quelle: BfDI

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