Abschreckende Kosten bei IFG Anfrage
Abschreckende Kosten bei hohem Verwaltungsaufwand?
Eine Journalistin hat über ihre Rechtsvertreterin um Vermittlung hinsichtlich des IFG- Antrages, den sie bei einem Landkreis gestellt hat, gebeten. Sie beantragte Akteneinsicht in die beim Jugendamt des Landkreises vorhandenen Informationen zu mehreren Kindertagesstätten, von deren Gründung an bis dato, zu gewähren beziehungsweise Kopien dieser Informationen zu übermitteln. Darüber hinaus bat sie darum, Akteneinsicht über dort vorhandene Informationen zu bestimmten privaten Trägern zu gewähren beziehungsweise ihr die Informationen durch Übersendung entsprechender Kopien zur Verfügung zu stellen.
Der Landkreis stellte der Rechtsvertreterin in Aussicht, dass Akteneinsicht gewährt wird. Wegen des tatsächlich erheblichen Aufwands bezifferte der Landkreis die Gebühren vorläufig in Höhe von über 4.000,00 € und Auslagen in Höhe von mehr als 400,00 € und bezog sich dabei auf § 4 i. V. m. § 3 Verordnung über die Gebühren und Auslagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationskostenverordnung – IFGKostVO).
Der Landesbeauftragte für Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern hat den Fall gegenüber dem Landkreis rechtlich wie folgt bewertet:
Nach § 3 IFGKostVO kann sich die Gebühr über die in den Tarifstellen 1.3, 2.2 und 3.2 des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses vorgesehenen Gebühren im Einzelfall über die in diesen Tarifstellen festgelegten Rahmengebühren erhöhen, wenn die Amtshandlung nach dem Informationsfreiheitsgesetz einen höheren Verwaltungsaufwand erfordert.
Der Landesbeauftragte hat dem Landkreis zugestanden, dass das im vorliegenden Fall verfolgte Auskunftsbegehren/Akteneinsicht für die Verwaltung tatsächlich einen sehr hohen Verwaltungsaufwand darstellt. Trotzdem ist er der Auffassung, dass ein über die Rahmengebühr hinausgehender erhöhter Verwaltungsaufwand im Sinne des § 3 IFGKostVO hier nicht geltend gemacht werden kann und zwar aus folgenden Gründen:
Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes ist es, den freien Zugang zu in den Behörden vorhandenen Informationen sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen (so § 1 Abs. 1 IFG M-V). Diesem Gesetzeszweck würde es zuwiderlaufen, wenn Gebühren derart hoch sind, dass der Informationszugang nicht wirksam in Anspruch genommen werden kann. In der Gesetzesbegründung – Drs. 4/2117, vom 22.06.2006, S. 17 – heißt es wörtlich: „Die Höhe der Gebühren soll sich am Grundsatz der Kostendeckung orientieren, von dem Ausnahmen möglich sind. Zugleich soll dem Informationsbedürfnis und -anspruch Rechnung getragen werden.“
Die hier vorläufig in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von insgesamt mehr als 4000,00 € sind für den Informationszugang objektiv gesehen abschreckend und unterlaufen den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, den Informationsanspruch wahrzunehmen und durchzusetzen. Zu dieser Thematik gibt es ein Urteil des OVG Berlin-Brandenburg – OVG 12 B 11.16 – vom 14.09.2017 zur Informationsgebührenverordnung (IFGGebV) des Bundes. Zwar ist diese Rechtsprechung nicht direkt auf die IFGKostVO M-V zu übertragen; die wesentlichen kostenrechtlichen Grundsätze sind es jedoch schon. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall sah es das Gericht bereits als rechtswidrig an, den Gebührenrahmen voll auszuschöpfen und 500,00 € in Rechnung zu stellen bei einem mit 2.100,00 € bezifferten tatsächlichen Verwaltungsaufwand. 500,00€ wurden hier von der Behörde als Kappungsgrenze angesehen. Das OVG führte aus, dass dieses Vorgehen nicht rechtmäßig sei. Vielmehr müsse gewährleistet werden, dass Antragsteller nicht durch erhebliche finanzielle Gebühren abgeschreckt werden und sich deshalb die Gebühren zwar am Verwaltungsaufwand orientieren (so auch die Gesetzesbegründung in Mecklenburg-Vorpommern, s. o.), jedoch nicht notwendig kostendeckend bemessen werden sollten, vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg – OVG 12 B 11.16 – Rn. 20, zitiert nach juris.
Die IFGKostVO M-V geht durch die Formulierung des § 3 nochmals über den in der Tarifstelle 1.3 des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses vorgesehenen Gebührenrahmen von 20,00 bis 500,00 € „im Einzelfall“ hinaus. Der Gesetzgeber sah die Vorschrift des § 3 als Sonderregelung an, die nicht schematisch dann anzuwenden ist, wenn bei hohem Stundenaufkommen die festgeschriebene Rahmengebühr von 500,00 € überschritten wird. Kosten – Gebühren und Auslagen – in Höhe von mehr als 4000,00 € wirken sich eindeutig abschreckend in Bezug auf die Durchsetzung des Informationszugangs aus. Der Informationszugang wird in derartigen Fällen nicht wahrgenommen werden.
Soweit ersichtlich gibt es in Mecklenburg-Vorpommern noch keine Rechtsprechung zu dieser Problematik. Insofern hat der Landesbeauftragte auf die gebührenrechtlichen Grundsätze des OVG Berlin-Brandenburg, wie oben dargestellt, verwiesen. Es wurde dem Landkreis dementsprechend empfohlen, die (vorläufige) Kostenaufstellung nochmals zu überprüfen und eine deutlich niedrigere Gebühr festzusetzen.
Der Landkreis ist unserer Argumentation gefolgt und hat die Gebühr auf 500,00€ plus Auslagen reduziert.
Quelle: LfDI M-V
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