Seit einigen Jahren bieten große Medienhäuser für eine Nutzung der publizistischen Online-Angebote sogenannte Pur-Abonnements oder ähnlich genannte Möglichkeiten an. Verbraucherinnen und Verbraucher werden vor die Wahl gestellt, entweder ein Abonnement zur werbefreien Nutzung der Website abzuschließen oder es wird eine Zustimmung in eine weitreichende Nachverfolgung des Nutzungsverhaltens und das Teilen der Daten mit einer unüberschaubaren Anzahl von Werbepartnerinnen und -partnern gefordert.
Bei genauer Betrachtung der Modelle fällt auf, dass ein solches Pur oder Weberfrei-Abo mitnichten alle Inhalte der Website umfasst, es gibt dann meist noch ein zusätzliches Abonnement für die Premium-Artikel. Das Werbefrei-Abo ermöglicht in vielen Fällen also lediglich eine Nutzung der Website, wie es auch mit einem handelsüblichen Werbeblocker und Zustimmung möglich ist. Auch wenn sich die Verlage bedeckt halten, ist der wirtschaftliche Hintergrund klar weniger auf den Abschluss von möglichst vielen Werbefrei-Abos gerichtet als vielmehr auf eine möglichst hohe Zustimmungsrate für das Online-Tracking. Eine damit verbundene Weitergabe an eine bis zu dreistellige Anzahl an Verantwortliche, die mit den Daten websiteübergreifende persönliche Profile für Onlinewerbung erstellen und handeln, dürfte als datenschutzrechtliches Problem offenkundig sein. Auch wenn sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher an das Vorhandensein von Online-Werbung gewöhnt haben, würden die meisten über die Masse und die Tiefe an erhobenen Daten, die das Verhalten im Netz minutiös und zielgenau erfassen, verknüpfen und mit statistischen Daten anreichern, erstaunt sein. Bereits hier wird deutlich, dass die Freiwilligkeit einer Einwilligung auf sehr tönernen Füßen steht und sich die Frage stellt, ob diese als generelle und vom Ansatz her schrankenlose Legitimation überhaupt tauglich ist. Vor allem auch deshalb, weil diese Einwilligungen täglich auch von zahlreichen Minderjährigen abgegeben werden. Auch Minderjährige nutzen Medien, und das Datenschutzrecht sieht einen besonderen Schutz für diese Zielgruppe vor, der in der Praxis schlicht nicht vorhanden ist.
Die im Jahr 2021 im Rahmen der Umsetzung der sogenannten Digitale-Inhalte-Richtlinie eingeführten Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), welche ein Bezahlen mit Daten in den §§ 327ff. in Form von Verbraucherverträgen prinzipiell vorsieht, hat vielfach für Diskussionen gesorgt, da – ungeachtet der rechtlichen Möglichkeit – die Vorgaben der DSGVO parallel bestehen und zusätzlich Verbraucherschutzrecht zu beachten ist. Die deutschen Aufsichtsbehörden haben sich im Rahmen der laufenden Medienprüfung mit der Thematik befasst und die nachfolgend dargestellte Auffassung entwickelt. Eine Beschlussfassung kam bislang bisher nicht zustande.
1. Grundsätzlich ist denkbar, die Nachverfolgung von Nutzerverhalten (Tracking) auf eine Einwilligung zu stützen, wenn alternativ ein trackingfreies Bezahlmodell angeboten wird. Die Leistung, die Nutzer/innen bei einem Bezahlmodell erhalten, muss jedoch erstens eine gleichwertige Alternative zu der Leistung darstellen, die Nutzer/innen durch eine Einwilligung erlangen. Zweitens muss die Einwilligung alle Wirksamkeitsvoraussetzungen gemäß Art. 4 Nr. 11 DSGVO erfüllen.
2. Ob die Bezahlmöglichkeit – also etwa ein Monats-Abo – als eine gleichwertige Alternative zur Einwilligung in das Tracking zu betrachten ist, hängt davon ab, ob den Nutzer/innen gegen ein marktübliches Entgelt ein gleichwertiger Zugang zu derselben Leistung eröffnet wird. Ein gleichwertiger Zugang liegt in der Regel vor, wenn die Angebote zumindest dem Grunde nach die gleiche Leistung umfassen. Eine absolute Identität der verschiedenen Angebote ist hierbei nicht erforderlich. Hinsichtlich der Kosten des Alternativangebots ist eine vom Dienst und Nutzerverhalten losgelöste Betrachtung nicht möglich. Die datenschutzrechtliche Überprüfung ist insoweit darauf beschränkt, ob die Preisgestaltung des Anbieters offensichtlich unverhältnismäßig und deshalb keine echte Alternative ist.
3. Nehmen Nutzer/innen das Angebot im Rahmen eines „trackingfreien“ Abonnements wahr und erteilen keine zusätzliche Einwilligung, dürfen gemäß § 25 Abs. 1 Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) nur Speicher- und Auslesevorgänge erfolgen, die für den von den Nutzer/innen ausdrücklich gewünschten Telemediendienst unbedingt erforderlich sind. Nachfolgende Verarbeitungen personenbezogener Daten müssen auf die gesetzlichen Erlaubnistatbestände gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. b, c und f DSGVO gestützt werden können. Diesbezüglich gelten die allgemeinen Ausführungen in der Orientierungshilfe der DSK für Anbieter/innen von Telemedien.
4. Die Wirksamkeit von Einwilligungen von Nichtabonnentinnen und -abonnenten ist bei den sogenannten „Pur“-Abo-Modellen sicherzustellen. Soweit mehrere Verarbeitungszwecke vorliegen, die wesentlich voneinander abweichen, müssen die Anforderungen der Granularität der Einwilligung umgesetzt werden. Dies bedeutet, dass die Nutzer/innen die Möglichkeit haben müssen, die einzelnen Zwecke, zu denen eine Einwilligung eingeholt werden soll, selbst und aktiv auswählen zu können (Opt-In). Nur wenn Zwecke in einem sehr engen Zusammenhang stehen, kann eine Bündelung von Zwecken in Betracht kommen. In allen Fällen, in denen gemessen an diesen Maßstäben nicht alle in Rede stehenden Verarbeitungszwecke unter dieselbe Einwilligung gebündelt werden können, sind die Anforderungen an eine wirksame Einwilligung durch Nichtabonnentinnen und -abonnenten nicht gewahrt, sofern dem oder Nutzer/in lediglich ein pauschales Akzeptieren aller Verarbeitungszwecke ermöglicht wird.
5. Darüber hinaus müssen die Einwilligungen den sonstigen Anforderungen der DSGVO gerecht werden, insbesondere auch jenen an Transparenz, Verständlichkeit und Information der Betroffenen aus Art. 4 Nr. 11 und Art. 7 Abs. 2 DSGVO (vgl. hierzu die Orientierungshilfe Telemedien 2021, Version 1).
Was ist zu tun? Verantwortliche für Websites müssen diese auf datenschutzrechtliche Aspekte prüfen. Insbesondere die Einbindung von Drittinhalten sowie das Verwenden von Cookies müssen auf den Prüfstand und dürfen nur mit tragfähigen Rechtsgrundlagen verwendet werden.
Quelle: SDTB
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