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05.04.2020

Verzicht auf Einwilligungen bei Fotoaufnahmen

Ist ein rechtswirksamer Verzicht auf Einwilligungen bei Fotoaufnahmen bei Minderjährigen möglich?

Die Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten hat dazu folgenden Beschluss gefasst:

1. Eine Einwilligung zur Anfertigung und Veröffentlichung von Fotos, Film und Tonaufnahmen kann auch durch den Minderjährigen erteilt werden, sobald er über die erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügt, was regelmäßig spätestens mit der Vollendung des 16. Lebensjahres der Fall ist.

2. Zur Veröffentlichung der Aufnahmen ist zusätzlich eine Einwilligung der Sorgeberechtigten des Minderjährigen erforderlich.

3. Die Grundsätze können nicht dadurch umgangen werden, dass das Elternrecht pauschal durch Vollmacht auf Dritte übertragen oder gänzlich auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verzichtet wird.

Erläuterungen zum Beschluss:

Eine einheitliche Definition von Jugendlichen oder Kindern gibt es im deutschen Recht nicht. Jedoch bezeichnet das Jugendgerichtsgesetz als Jugendliche Minderjährige zwischen 14 und 18 Jahren. Wer noch nicht 14 Jahre alt ist, wird als Kind bezeichnet.

Die DSGVO macht demgegenüber keine Unterscheidung zwischen Jugendlichen und Kindern. In der Verordnung wird durchgehend von Kindern gesprochen. Art 8 Abs. 1 DSGVO bringt dennoch eindeutig zum Ausdruck, dass mit dem Begriff „Kinder“ alle Personen unter 18 Jahren gemeint sind. Das KDG spricht in § 8 Abs. 8 von Minderjährigen. Es geht nachfolgend also um die Einwilligung von unter 18-jährigen Personen unabhängig von der Bezeichnung in den jeweiligen Normen.


Indem die DSGVO in Art. 8 und in Erwägungsgrund 65 S. 2 ausdrücklich die Möglichkeit der Einwilligung von Kindern anspricht, ist festgestellt, dass Geschäftsfähigkeit i. S. d. Bürgerlichen Gesetzbuches für die Einwilligung nicht erforderlich ist.


Die DSGVO legt kein Mindestalter fest, ab dem eine Einwilligung durch einen Minderjährigen wirksam abgegeben werden kann. Lediglich in Artikel 8 Abs. 1 DSGVO, § 8 Abs. 8 KDG wird für den Fall des Angebotes von Diensten der Informationsgesellschaft das einem Kind direkt gemacht wird für die Wirksamkeit der Einwilligung ein Mindestalter von 16 Jahren gefordert. Diese Altersregelung bezieht sich ausschließlich auf den benannten Anwendungsbereich. Eine generelle Voraussetzung für die Einwilligungsfähigkeit von Minderjährigen ist damit nicht festgeschrieben.

Insoweit ist keine Änderung durch die Verordnung gegenüber der davor geltenden Richtlinie für solche Sachverhalte erfolgt, die Einwilligungen in Sachverhalte außerhalb dieser Vorschrift betrifft. Wie bislang im deutschen Recht kann deshalb auch weiterhin davon ausgegangen werden, dass die Wirksamkeit der Einwilligung eines Minderjährigen von dessen Einsichtsfähigkeit abhängt, also davon ob der Minderjährige psychisch und intellektuell in der Lage ist, Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung einzuschätzen. Diese Sichtweise wird auch durch den Erwägungsgrund 58 gestützt.

Abstrakte Aussagen, wann eine Einsichtsfähigkeit gegeben ist, insbesondere die Knüpfung an ein bestimmtes Alter, scheiden also aus. Bestenfalls als ein Anhaltspunkt kann ab einem Alter von 14 bis 15 Jahren in der Regel vermutet werden , dass die Einsichtsfähigkeit gegeben ist, was jedoch nicht von einer Einzelfallprüfung entbindet. Fehlt die Einsichtsfähigkeit, bedarf es der Einwilligung der Erziehungsberechtigten, liegt Einsichtsfähigkeit vor, ist eine doppelte Einwilligung sowohl des Minderjährigen als auch der Erziehungsberechtigten erforderlich.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist als ein an eine bestimmte Person gebundenes Recht, das wegen seines besonderen Charakters im Grundsatz weder übertragbar noch vererblich ist, ein höchstpersönliches Recht. Damit muss grundsätzlich auch eine Einwilligung in Bezug auf ein solches Recht höchstpersönlich erklärt werden. Ausnahme von diesem Grundsatz ist die Abgabe der Einwilligungserklärung der Sorgeberechtigten für ihr Kind. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Volkszählungsurteil selber ein Grundrecht. Das Einwilligungsrecht der Eltern in dieses Grundrecht ihrer Kinder können die Eltern nur selber ausüben. Ein Verzicht darauf ist nicht möglich. Eine willkürliche Übertragung dieses Rechtes an Dritte scheitert an der Höchstpersönlichkeit dieses Rechtes, bzw. daran, dass es sich hierbei um eine wesentliche Angelegenheit i. S. d. § 1687 I BGB handelt. So ist insbesondere die Übertragung des Sorgerechts im Hinblick auf die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen auf einen Dritten nicht möglich. Dies muss umso mehr gelten, wenn der Dritte damit eigene Interessen verfolgt. Dies dürfte bei der Anfertigung von Fotos oder Videoaufnahmen durch Kindergärten, Schulen und bei Ferienfreizeiten der Fall sein, da diese zumindest auch der Werbung für diese Einrichtung dienen. Insoweit dürfte ein Interessenkonflikt bei den Beauftragten bestehen.

Eine pauschale Generaleinwilligung für alle gleichgelagerten Fälle für die Dauer der Zugehörigkeit des Minderjährigen in einer Einrichtung ist grundsätzlich unzulässig. Dies wird insbesondere Einwilligungen zur Erstellung von Fotos und deren Veröffentlichung betreffen, die bei Aufnahme in die KITA oder die Schule für die gesamte Aufenthaltszeit erteilt werden. Art 4 Nr. 11 DSGVO wie auch § 8 Nr. 13 KDG definieren „Einwilligung“ als eine Willensbekundung in informierter Weise für einen bestimmten Fall.

Eine informierte Einwilligung dürfte in der pauschalen Einwilligung für die Veröffentlichung aller Fotos während der gesamten Aufenthaltsdauer kaum anzunehmen sein. Außerdem kann unter einem „bestimmten Fall“ nicht die Anfertigung von Fotos gemeint sein, sondern nur die Anfertigung und Veröffentlichung eines konkreten, eben bestimmten Fotos.

Eine Veröffentlichung liegt vor, wenn Daten einer nicht genau feststehenden Mehrzahl von Adressaten, die Dritte sind, zugänglich gemacht werden. Sind die Personen miteinander oder mit dem Veranstalter bekannt, gehören sie nicht zur Öffentlichkeit. Bei KITA´s dürfte deshalb keine Veröffentlichung darin zu sehen sein, wenn Bilder von Kindern innerhalb der Einrichtung ausgehängt werden. Für diese Fälle ist von der ausnahmsweisen Zulässigkeit einer Generaleinwilligung auszugehen. Dies betrifft aber ausdrücklich nur den Innenbereich der Einrichtung im Rahmen der Zweckbindung. Aushänge in Schaukästen oder Veröffentlichung in Flyern sind von dieser Ausnahme nicht umfasst. Für Schulen trifft dies nicht in gleicher Weise zu, da der Kreis der Dritten die Zugang zu der Einrichtung haben nicht wie bei Kindereinrichtungen überschaubar ist.

Ein Verzicht auf Grundrechte ist zumindest dann nicht möglich, wenn das Grundrecht über den einzelnen hinaus auch der Gemeinschaft zugutekommt. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist die Entfaltung der Persönlichkeit zu gewährleisten, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbestimmung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlich demokratischen Gemeinwesens ist.

Quelle: Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten der katholischen Kirche Deutschland

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