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09.05.2025

Überwachung in Freibädern

Ausweiskontrollen und Videoüberwachung in Freibädern

Im Sommer des letzten Jahres kam es in einigen Freibädern zu gewalttätigen Vorfällen. Die Berliner Bäder-Betriebe machten daraufhin den Zutritt zu sämtlichen von ihnen betriebenen Freibädern von der Vorlage eines Ausweisdokuments abhängig und führten in einigen davon eine Videoüberwachung der Ein- und Ausgangsbereiche ein. Nach Anfragen betroffener Personen und Pressevertreter hat die Datenschutzbehörde die Berliner Bäder-Betriebe um Erläuterung gebeten.

Die Berliner Bäder-Betriebe führten eine Sichtkontrolle der Ausweisdokumente sämtlicher Badegäste durch. Die bloße Sichtung und damit Wahrnehmung personenbezogener Daten ohne anschließende Weiterverarbeitung ist zwar aufgrund der geringen Eingriffstiefe ein Grenzfall der Anwendbarkeit des Datenschutzrechts. Dennoch lassen sich Datenschutzrisiken für die betroffenen Personen nicht ausschließen. So lässt etwa bereits ein zugeklappter Reisepass die Staatsangehörigkeit der betroffenen Person erkennen. Dies gilt nicht nur gegenüber dem Sicherheitspersonal, sondern auch gegenüber anderen in der Warteschlange stehenden Badegästen. Der Begriff der Verarbeitung ist weit auszulegen. Er erfasst jeden Vorgang im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten. Es kommt weder darauf an, ob automatisierte Verfahren eingesetzt werden, noch ob die Daten nach der Erhebung gespeichert werden. Vor dem Hintergrund der möglichen Diskriminierungsrisiken liegt bereits in der bloßen Wahrnehmung der personenbezogenen Daten eine Verarbeitung dieser Daten mit der Folge eines nicht nur unerheblichen Eingriffs vor.

Die Berliner Bäder-Betriebe dürfen personenbezogene Daten verarbeiten, allerdings muss dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich sein. Es gehört zu den Aufgaben der Berliner Bäder-Betriebe, die Sicherheit ihrer Gäste und ihrer Beschäftigten zu gewährleisten. Die Sichtung der Ausweisdokumente sämtlicher Badegäste ist jedoch zur Erfüllung dieses Zwecks weder geeignet noch erforderlich. Die Maßnahme hilft nämlich nicht dabei, Personen, für die ein Hausverbot besteht, zu identifizieren und Ihnen den Zutritt zu verwehren, denn ein Abgleich mit der Hausverbotsliste erfolgt gerade nicht. Auch ist nicht erkennbar, wie das Sicherheitspersonal nach Sichtung eines Ausweises auf einen Verdachtsfall schließen soll. Ein Konzept hierfür haben die Berliner Bäder-Betriebe nicht vorgelegt. Im Übrigen muss berücksichtigt werden, dass die Berliner Bäder-Betriebe auch in der Vergangenheit bei Vorliegen eines konkreten Verdachtsfalls die Badegäste bereits auffordern konnten, sich zu identifizieren, und ihnen bei Weigerung ggf. den Zutritt verweigern konnten.

Letztlich konnten die Ausweiskontrollen lediglich sicherstellen, dass Personen bei ihrem Badebesuch Ausweise bei sich führen. Nach einem Vorfall wäre es dann möglich gewesen, die Identität festzustellen und ein Hausverbot zu verhängen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass gerade keine gesetzliche Verpflichtung für die Badegäste besteht, ihre Ausweisdokumente – in diesem Fall dem Sicherheitspersonal – auch vorzuzeigen. Weigerte sich eine betroffene Person, musste auch nach Einführung der Ausweiskontrollen die Polizei zur Identitätsfeststellung hinzugezogen werden. Die Maßnahme und die damit verbundene Verarbeitung personenbezogener Daten erschien daher zur Gewährleistung der Sicherheit in den Bädern nicht als geeignet und erforderlich.

Für die Erforderlichkeit der zeitgleich mit den Ausweiskontrollen eingeführten Videoüberwachung der Ein- und Ausgangsbereiche bei einigen Freibädern haben die Berliner Bäder-Betriebe den Nachweis ebenfalls nicht erbracht. Die Videoüberwachung diente im Wesentlichen dem Zweck, die Aufnahmen bei erfolgten Straftaten den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stellen zu können. Begeht eine Person mutmaßlich eine Straftat und verlässt das jeweilige Freibad ohne vorherige Identifizierung durch das Sicherheitspersonal oder die hinzugerufene Polizei, wäre eine Identifizierung ohne die Kameraaufnahmen zwar tatsächlich nur schwer möglich. Die Erforderlichkeit für eine dauerhafte Überwachung der öffentlich zugänglichen Eingangsbereiche muss vom Verantwortlichen allerdings nachgewiesen werden, etwa durch Zahlen, wie viele Straftaten in der Vergangenheit verübt wurden und Verdächtige aufgrund fehlender Videoüberwachung nicht identifiziert werden konnten. Einen Nachweis legten die Berliner Bäder-Betriebe trotz Nachfrage jedoch nicht vor.

Die Datenschutzbehörde hat den Berliner Bäder-Betrieben in Bezug auf die Sommersaison 2023 eine datenschutzrechtliche Bewertung mitgeteilt und Beratung zur Evaluation der Maßnahmen sowie ihrer etwaigen Fortführung angeboten.

Allein die Sichtung von Ausweisdokumenten kann bereits eine Verarbeitung personenbezogener Daten darstellen, unabhängig davon, ob die Daten auch gespeichert werden. Auch wenn die Eingriffstiefe zunächst gering erscheint, birgt die Datenverarbeitung Diskriminierungsrisiken für die betroffenen Personen. Die Ausweiskontrolle kann nur dann rechtmäßig sein, wenn sie zur Gewährleistung der Sicherheit in den Bädern geeignet und erforderlich ist. Wird zusätzlich eine Videoüberwachung eingesetzt, muss diese einen durch Nachweise erbrachten messbaren Mehrwert für die Identifizierung von Straftätern aufweisen, um datenschutzrechtlich zulässig zu sein. Erfüllt sie diese Anforderung nicht, ist von ihrem Einsatz abzusehen.

Quelle: Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit