Öffentliche Zustellung von Bescheiden
Im Berichtszeitraum wandte sich ein Petent an die Datenschutzbehörde, der monierte, dass eine sächsische Gemeinde im Rahmen einer öffentlichen Zustellung die an den Petenten zuzustellenden Bescheide nicht nur bekannt gegeben hat, sondern auch in ihrem vollen Wortlaut im gemeindlichen elektronischen Amtsblatt veröffentlichte. Nach § 10 Abs. 1 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) kann eine Zustellung von Verwaltungsakten durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. In dem vorliegenden Fall waren – nach Darstellung der Gemeinde – sämtliche Empfangseinrichtungen des Adressaten abmontiert und eine Ersatzzustellung an Bevollmächtigte nicht möglich. So konnten mehrere Bescheide zu Kosten- und Zwangsgeldfestsetzung nicht zugestellt werden. Eine recht- und ordnungsgemäße Zustellung ist indes gesetzliche Voraussetzung für die Vollstreckung von Verwaltungsakten.
So hatte man sich des Instruments der öffentlichen Zustellung durch Bekanntmachung bedient. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 VwZG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 SächsVwVfZG erfolgt dies durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an der Stelle, die von der Behörde hierfür allgemein bestimmt ist, oder durch Veröffentlichung einer Benachrichtigung im Bundesanzeiger (bzw. Gemeindlichen Amtsblatt). Die hier betroffene Gemeinde hat festgelegt, dass amtliche Veröffentlichungen ausschließlich in einer über die gemeindliche Homepage abrufbaren elektronischen Version des Amtsblattes (mit Suchmaske) abrufbar sein sollen. Gemeinden können die Art und Weise der amtlichen Mitteilungen und Verkündungen im Rahmen der Selbstverwaltung über sogenannte Bekanntmachungsverordnungen weitgehend selbst bestimmen. Soweit ist dies datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden.
Allerdings sind im Rahmen der öffentlichen Zustellung seit der Reform des Verwaltungsvollstreckungsrechtes 2010 in jedem Fall nur noch eine Bekanntmachung über das Vorliegen eines Bescheides zu veröffentlichen. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 VwZG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 SächsVwVfZG muss die Benachrichtigung die Behörde, für die zugestellt wird, den Namen und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsadressaten, das Datum und das Aktenzeichen des Dokuments sowie die Stelle, wo das Dokument eingesehen werden kann, enthalten. Auch schon vor der Reform war im Übrigen die damalige Vorschrift eine Soll-Vorschrift, die es der Verwaltung erlaubte, nur in einem begründeten Ausnahmefall und nur nach gründlicher Abwägung die Bescheide in Volltext zu veröffentlichen. Ein solcher lag in diesem Fall nicht vor und wurde von der Gemeinde auch nicht beansprucht. Die Gemeinde wurde aufgefordert, die entsprechenden Einträge und Veröffentlichungen im elektronischen Amtsblatt zu löschen. Die gesetzliche Pflicht zur Löschung von – wie vorliegend – rechtsgrundlos veröffentlichten Daten findet sich unmittelbar in Art. 17 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die auf Bundes- und Landesebene direkte Anwendung findet. Dem steht auch nicht das Sächsische E-Government-Gesetz (SächsEGovG) entgegen. Löschungspflichten wurden durch eine Novelle 2019 in diesem Gesetz nur deswegen gestrichen, weil diese lediglich Wiederholungen der in der DSGVO normierten Pflichten darstellten. Die Löschung der Bekanntmachung einer öffentlichen Zustellung im elektronischen Amtsblatt ist nach Zweckerreichung zu veranlassen. Nach § 10 Abs. 2 VwZG tritt die Fiktion der Zustellung zwei Wochen nach Veröffentlichung ein, sodass zu diesem Zeitpunkt auch der Zweck erreicht wird. Zur Praktikabilität kann auf die Zweiwochenfrist ein Karenzaufschlag von zwei bis maximal vier weiteren Wochen hinzukommen, um den gemeindlichen Verwaltungsaufwand zu bündeln. So können beispielsweise einmal im Monat die abgelaufenen öffentlichen Zustellungen aus dem elektronischen Amtsblatt gelöscht werden. Nach Meinung des Landesdatenschutzbeauftragten ist dies datenschutzrechtlich vertretbar und berücksichtigt den Ausgleich zwischen datenschutzrechtlichen Löschungspflichten und angemessenem Verwaltungsaufwand.
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