Auskunft unabhängig vom Verwendungszweck
Recht auf Auskunft unabhängig vom Verwendungszweck
Ein Autofahrer war in einen Verkehrsunfall verwickelt und erhielt anschließend von einem Autovermieter das Angebot für einen Leihwagen, um die Zeit des Ausfalls seines eigenen Fahrzeugs zu überbrücken. Um zu erfahren, auf welcher Rechtsgrundlage das gegnerische Versicherungsunternehmen seine Daten an den Autovermieter weitergegeben hatte, wandte sich ein Rechtsanwalt für den Fahrer an die Versicherung. Gleichzeitig stellte er einen Antrag auf Auskunft nach Artikel 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Als dieser auch nach Fristablauf unbeantwortet blieb, beschwerte der Betroffene sich bei der Landesbeauftragten.
In ihrer Stellungnahme erklärte die Versicherungsgesellschaft, die Datenübermittlung lasse sich auf den Verhaltenskodex des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft zum einheitlichen und transparenten Umgang mit personenbezogenen Daten von Versicherten, Interessenten und Betroffenen (Code-of-Conduct-Datenschutz) stützen. Daraus ergebe sich eine rechtliche Verpflichtung, die nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c DSGVO eine Datenübermittlung erlaube.
Die ausgebliebene Beantwortung des Auskunftsantrags begründete das Unternehmen damit, dass der Rechtsbeistand des Betroffenen seine Bevollmächtigung nicht nachgewiesen habe. Außerdem habe der Rechtsanwalt beantragt, die Auskunft selbst zu erhalten und die Absicht kommuniziert, die beantragten Daten in einer nach Auffassung der Versicherung rechtsmissbräuchlichen Weise zum Zweck der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche verwenden zu wollen. Die Weitergabe der Daten des Betroffenen an den Autovermieter hielt die Aufsichtsbehörde im Ergebnis unserer datenschutzrechtlichen Prüfung unter der Voraussetzung für akzeptabel, dass der geschädigte Autofahrer zuvor den Wunsch geäußert hat, einen Mietwagen in Anspruch zu nehmen. Ist eine solche Absicht nicht bekannt, verstößt die Datenübermittlung an den Autovermieter gegen das Gebot der Datenminimierung nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c DSGVO. Die Datenübermittlung kann dann auch unter Berücksichtigung des Verhaltenskodex der Versicherungswirtschaft nicht auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c DSGVO gestützt werden.
Die verwehrte Auskunftserteilung über die personenbezogenen Daten und ihre Verarbeitung durch die Versicherungsgesellschaft wurde als Verstoß gegen die Vorschriften des Artikels 12 Absätze 2 bis 4 DSGVO gewertet. Danach ist der betroffenen Person die Ausübung des Auskunftsrechts so leicht wie möglich zu machen. Sofern eine Auskunftserteilung nicht erfolgt, muss der Verantwortliche den Antragsteller fristgerecht über die Gründe hierfür informieren. Das Unternehmen hätte also auf die fehlende Bevollmächtigung des Rechtsanwalts hinweisen und so eine erneute Geltendmachung des Auskunftsrechts unter Vorlage einer ausreichenden Vollmacht ermöglichen müssen. Auch hätte die Auskunft unmittelbar an die betroffene Person gerichtet werden können.
Das Recht auf Auskunft besteht ohne Begründungserfordernis. Gibt der Antragsteller dennoch eine Begründung ab, ist dies rechtlich unbeachtlich. Eine Absicht, die auf dem Wege der Auskunft erhaltenen Daten zu einem späteren Zeitpunkt in einem Zivilprozess zu verwenden, kann dem Auskunft Begehrenden somit nicht entgegengehalten werden. Die Landesbeauftragte hat im Ergebnis gegenüber dem Versicherungsunternehmen eine Verwarnung nach Artikel 58 Absatz 2 Buchstabe b DSGVO wegen des Verstoßes gegen die beschriebenen Modalitäten für die Ausübung des Auskunftsrechts ausgesprochen.
Quelle: Landesbeauftragte für Datenschutz und Akteneinsicht Brandenburg
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